Montag, 28. Juli 2014

Terminator (1984)




TERMINATOR
(The Terminator)
USA/Großbritannien 1984
Dt. Erstaufführung: 15. März 1985
Regie: James Cameron

Sie gehört zu den beliebtesten Anekdoten der Filmgeschichte, die Sage von der Entstehung von Terminator. Die todbringende Maschine aus der Zukunft sei hinter Regisseur und Drehbuchautor James Cameron in einem Fiebertraum her gewesen und dieser kanalisierte seine Angst in der späteren Filmhandlung. Diese wies derartig unbestreitbare Parallelen zu zwei von Harlan Ellison verfassten Outer Limits-Folgen aus den 1960er Jahren auf, dass dieser gegen Cameron wegen Ideenklau ins Feld zog, was zur Folge hatte, dass Ellison nun prominent im Abspann genannt werden muss. Es wird immer viel über den Plagiatsvorwurf und den Rechtsstreit berichtet, weniger über die Prämisse hinter den Fakten. Wenn Camerons Unterbewusstsein im Fieber Bildfetzen aus einer zurückliegenden TV-Serie hervorbrachte, um diese in ein akutes Bedrohungsszenario umzuwandeln, spricht das in erster Linie für die interessanten Wege, die das Gehirn manchmal nimmt und für die Potenz hinter Ellisons Story. Dem Bild wohnt eine Dringlichkeit inne und dies spürt man auch bei Camerons Film. Ähnlich wie bei Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt mögen diverse Elemente aus anderen Quellen stammen, aber genau wie Ridley Scott macht James Cameron sie zu seinem ganz eigenen Spielplatz. Terminator ist ein rastloser Film und ein hervorragend ausgeführter noch dazu.

Im Jahr 2029 hat ein Nuklearkrieg, ausgelöst von Maschinen, die ein eigenes Bewusstsein entwickelt haben, die Menschheit an den Rand der Vernichtung gebracht. Die letzten Reste kämpfen einen aussichtlos erscheinenden Kampf gegen die Aggressoren, die in jedem Menschen eine potentielle Bedrohung sehen. Als sich ein Wendepunkt zugunsten der Menschen abzeichnet, schicken die Maschinen einen Terminator (Arnold Schwarzenegger), einen kybernetischen Organismus, mithilfe einer Zeitmaschine zurück ins Jahr 1984, um dort die Mutter des zukünftigen Anführers der Rebellion zu eliminieren, noch bevor sie ihn empfangen kann. Diese Sarah Connor (Linda Hamilton) führt ein recht ereignisloses Leben, das durch die Ankunft des unzerstörbar erscheinenden Cyborgs schnell aus den Fugen gerät. Doch die menschliche Resistance der Zukunft hat einen der ihren (Michael Biehn) ebenfalls zurückgesandt, um Sarah vor dem Terminator zu schützen. Es ist nur die Frage, welcher von beiden sie früher erreicht…

Terminator, in Deutschland lange mit einem etwas schmuddeligen Image eines reinen Gewaltfilms behaftet, ist inzwischen vom Index verschwunden und auch ungekürzt ab 16 freigegeben. Das darf man ruhig auch als Schutz für den Film selbst verstehen, denn so ist er nicht nur vor einer weiteren Indexierung geschützt, sondern für Filmfreunde auch leichter zugänglich. Denn filmhistorisch relevant ist Camerons perfekt komponiertes Werk schon längst.
Nimmt man die Fieber-Fabel als Ausgangspunkt kann man nur konstatieren, dass Cameron es schafft, die unaufhaltsame Bedrohung, die aus der Prämisse erwächst, auf die Leinwand zu bringen. Terminator duldet keine Ruhepausen, selbst wenn sich der Film eine Auszeit von der Action und der lauernden Gefahr nimmt, glimmt die Atmosphäre beständig weiter, jederzeit bereit, einen neuen Flächenbrand auszulösen. Mit einer Lauflänge nur unwesentlich über 90 Minuten trabt der Film mit einem teils irrsinnigen Tempo dahin, peitscht seine Geschichte voran und lässt kaum Zeit zum Atemholen. Dabei ergeht sich Cameron gar nicht in ständigen Verfolgungsjagden oder ähnlichem, aber es ist das perfekt eingefangene Gefühl der Ausweglosigkeit, des Nicht-zur-Ruhe-kommen-dürfens, dass Terminator wie eine filmische Stampede wirken lässt.

Terminator war nach Fliegende Killer – Piranha II die zweite Regiearbeit von James Cameron und sollte die Elemente festigen, die seither immer wieder in seinen Filmen auftauchen: eine einfache, aber höchst effektive Geschichte verbunden mit Camerons Gespür für prägnante (wenn auch nicht tiefschürfende) Charakterisierung, die technisch virtuose Umsetzung bei einem nicht zu leugnenden Materialfetischismus. Cameron ist fasziniert von überlebensgroßer Technik, dies sollte er mit seiner nächsten Arbeit, Aliens – Die Rückkehr, noch mehr zelebrieren. Auch wenn man Terminator im Vergleich mit den folgenden Teilen das geringere Budget etwas ansieht, gelingt es dennoch, eine klaustrophobische Vision der Zukunft auf die Beine zu stellen, in der eben jene Technik den Menschen zu zerquetschen droht. In Zeiten von Smartphones und Tabletcomputern mag die brachiale Dystopie aus dem Jahre 1984 klobig wirken, aber die Grundidee hat nichts von ihrem Potenzial verloren. Alle nachfolgenden Phantasien zum Thema Maschinenrebellion sind zumindest in geistiger Verwandtschaft zu Camerons Vision. So sind die Effekte exzellent gealtert, selbst der künstliche Kopf Arnold Schwarzeneggers, der in der berühmt-berüchtigten Szene zum Einsatz kommt, in der der Terminator sich das beschädigte menschliche Auge herausoperiert, hat trotz seiner artifiziellen Anmutung ein hohes Potenzial für Unbehagen. Und wenn sich die Maschine am Ende, befreit vom menschlichen Fleisch, per Stop-Motion-Animation auf die Jagd begibt, gereicht diese Technik dem Eindruck von nicht-menschlicher Künstlichkeit zu aller Ehre.

Über die Paradoxien des Zeitreiseplots muss man kaum noch Worte verlieren, die innewohnenden Logiklöcher sind offensichtlich und viel diskutiert. Nimmt man die Zeitreise als reines plot device an, so offenbart sich Cameron als augenzwinkernder Kommentator gegenüber den dem Konzept innewohnenden Unstimmigkeiten. So kann Reese, der Soldat aus der Zukunft, nur allgemeine Angaben zur Funktionsweise der Maschine geben und reagiert auf technische Nachfragen pragmatisch: „Was weiß ich, ich habe das Ding nicht gebaut“.

Terminator ist ein großartiger Actionfilm, der das Genre vollends verstanden und verinnerlicht hat. Getragen von einem in sich logischen, gut konstruiertem Drehbuch und motivierten Schauspielern (wobei Schwarzeneggers deutsche Synchronstimme seiner eigentlichen Stimme immer vorzuziehen ist), bewegt sich der Film schweißtreibend voran, ist dabei dringlich und unterhaltsam, clever und spannend. Andere Regisseure mögen bessere Charakterisierungen und ausgefeiltere Storys bieten, aber Cameron sollte hier zum ersten Mal auf breiter Basis beweisen, dass er das Medium Film als solches und den Actionfilm im besonderen schlicht versteht und virtuos beherrscht.



Montag, 21. Juli 2014

Otto's Eleven (2010)




OTTO’S ELEVEN
Deutschland 2010
Dt. Erstaufführung: 02.12.2010
Regie: Sven Unterwaldt

Der Titel ließ es schon befürchten: Otto Waalkes wird nicht mehr die Fähigkeit zugetraut, einen Film zu tragen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, schon bei der Initiierung des 7 Zwerge-Projektes hatte man das Gefühl, nach Otto – Der Katastrofenfilm sei seine Zeit als Alleinunterhalter abgelaufen. Also stellte man ihm in Männer allein im Wald und Der Wald ist nicht genug allerlei Kollegen zur Seite, Waalkes selbst übte sich in erstaunlich dezenter Zurückhaltung. Otto’s Eleven arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip, der „ostfriesische Götterbote“ ist nicht mehr allein für das Füllen der 95 Minuten Laufzeit zuständig, sondern wird von einem illustren Cast Comedians und Schauspieler unterschiedlicher Couleur umringt, alles unter der Regie-Fuchtel von Sven Unterwaldt. Die nächste große Katastrophe schien so vorprogrammiert zu sein, doch man kann zumindest ein klein wenig Entwarnung geben: Otto’s Eleven ist besser als der vorangegangene Der Wald ist nicht genug. Was heißt das schon, kann man nun fragen, schließlich war jener einer der schlechtesten Mainstreamfilme, die jemals in Deutschland produziert wurde, ein intellektuelles wie künstlerisches Vakuum, dass jede Lebens- und Sehfreude gnadenlos zerstörte. So stellt sich eher die Frage, inwiefern es Waalkes schafft, an frühere Erfolge anzuknüpfen. Die Hoffnung auf einen zweiten Otto – Der Film sollte aber gar nicht erst gehegt werden.

Auf dem idyllischen Spiegeleiland leben die Freunde Otto (Waalkes), Mike (Mirco Nontschew), Pit (Rick Kavanian), Oskar (Max Giermann) und Oskar (Arnd Schimkat) mehr schlecht als recht vom Tourismus. Keiner interessiert sich für Ottos „Kunst“, Pits kulinarische Kreationen oder Mikes Fitnessprogramm. Ein Imagefilm im Internet soll Abhilfe schaffen, ruft aber nur den arroganten Jean De Merzac (Sky Du Mont) auf den Plan, der in Ottos Atelier an der Wand ein seltenes Gemälde entdeckt, dass er seiner Sammlung gern hinzufügen möchte. Also reist er mit seiner Assistentin Rossdal (Stephanie Berger) nach Spiegeleiland und ergaunert sich das Bild, an dem Otto aus sentimentalen Gründen besonders hängt. Als er den Diebstahl bemerkt, ist er so am Boden zerstört, dass seine Freunde einen Entschluss fassen: De Merzac hinterher reisen und das Gemälde aus seinem Casino in Bad Reibach „zurückstehlen“. Dies erweist sich allerdings als leichter gesagt als getan…

Unter den gegebenen Umständen ist es schon mehr oder minder erstaunlich, dass Otto’s Eleven kein kompletter Reinfall ist. Sicherlich, der Film ist weit von einer guten Komödie entfernt, die Gags sind wie die Geschichte vollkommen belanglos und das Ganze geht ohne Ecken und Kanten vonstatten, aber dem Film wohnt auch ehrliche Unschuld inne. Während die 7 Zwerge-Filme aktiv an der Zurückbildung des Zuschauers auf Amöben-Stadium arbeiteten, nimmt man Otto’s Eleven seinen Anliegen, einfach nur harmlos unterhalten zu wollen, mehr ab. Dies entschuldigt nicht seine generelle Einfallslosigkeit und sein genügsames Wesen, aber es entfacht auch nicht solch Reaktionen wie jene, die auftreten, wenn Gehirne pulverisiert werden. Hier ist man eher frustriert davon, den Darstellern und dem Regisseur beim verzweifelten Wassertreten zuzusehen, in der Hoffnung, den Film unterhaltungstechnisch über Wasser halten zu können.

Diesmal fällt Otto in einer ungewohnten Rolle auf: als Ruhepol. Der hektische, infantile Blödler von einst bricht nur noch verhältnismäßig selten durch, Waalkes wirkt eher wie ein über alles geliebter Großvater in der Runde seiner Enkelkinder. Man spürt den Respekt, der ihm entgegengebracht wird, ihm, der Komikern wie Mirco Nontschew den Weg geebnet hat und dessen Parodien Vorläufer für die Verwandlungskunst von Max Giermann waren. Sie alle gruppieren sich um den Ostfriesen mit dem immer weiter zurückweichenden Haaransatz und wissen, dass sie ohne ihn womöglich nicht hier wären. So lehnt sich Otto selbst zurück, versucht sich ein bisschen im „glaubwürdigeren“ Schauspielern und darf mit Olli Dittrich in einer perfekt getimten „Spiegelszene“ brillieren. Dittrich spielt den Reporter Harry Hirsch, eine von Ottos Alter-Egos, und wenn Waalkes‘ altbekannte Interpretation des Charakters bei seinen Mitstreitern nur für Achselzucken sorgt, kommt man nicht umhin, auch darin einen milden Verweis auf sein Alter zu sehen. Die Jungen machen es halt anders und auch Otto wird alt. Den Vorwurf, aus der Zeit gefallen zu sein, nimmt Otto’s Eleven überraschend selbstironisch auf und verarbeitet ihn. Wenn drei schöne junge Frauen als Ablenkungsmanöver mit Perücke, Käppi und schlabbrigen Klamotten in Otto-Manier umherhüpfen, dann münzt er die Kritik auch in ein selbstbewussteste Statement um: Schaut her, Otto ist schon längt Teil der Popkultur, da kann kommen, was will.

So ist der Umgang des Films mit seiner titelgebenden Ikone interessanter als sein eigentlicher Inhalt, der vor allem viel TV-Mummenschanz bietet. Max Giermann erhält, mehr noch als die anderen Darsteller, Gelegenheit seine durch die TV-Show Switch Reloaded bekannt gewordenen Parodien ans Publikum zu bringen und als Stefan Raab und Sky Du Mont aufzutreten. Während die Raab-Satire, die hier von alten Damen als Einschlafhilfe genutzt wird, ihren Reiz hat, ist die Du Mont-Interpretation weniger erfolgreich. Mirco Nontschew trägt derweil einen einzigen Gag auf seinem Shirt im wahrsten Sinne ständig vor sich her („Muscle Toff“ ist darauf zu lesen), während Rick Kavanian und Arnd Schimkat (Wer früher stirbt ist länger tot) mitunter vollkommen im Hintergrund verschwinden. Sky Du Mont ist der gängige Otto-Film-Fiesling, während Stephanie Berger (Sweetiecakes) augenscheinlich sehr viel Freude an der Rolle der hinterhältigen Assistentin hatte. Als weibliche Unterstützung für die Truppe männlicher Archetypen empfehlen sich Sara Nuru, ihres Zeichens Gewinnerin bei Germany’s Next Topmodel, Jennifer Weller und Jasmin Schwiers.

Otto’s Eleven hat einen durchaus melancholischen Touch, der zu gleichen Teilen aus dem ständig scheiternden Versuch der Protagonisten, mehr aus dem Material zu machen als es hergibt, gespeist wird wie aus seiner Behandlung von Waalkes selbst. Man kommt schlicht nicht umhin, hier auch eine subtile Staffelübergabe zu erkennen, vor allem, wenn Otto am Ende als einziger ohne Partnerin dasteht, war er doch sonst am Ende eines jeden Films immer verliebt und glücklich.
Und hier zeigt sich urplötzlich noch ein weiteres interessantes Element: zu den drei heterosexuellen Pärchen, die sich bilden, kommt ein homosexuelles, ohne das die Ausrichtung der Figuren vorher oder nachher für tumbe Scherze herhalten musste. Natürlich muss der Moment der „Wahrheit“ als humoristisch gedachte Überraschung gewertet werden, aber der Film spart sich dumme Witze vollkommen.
Dies ist wahrlich nicht mehr die klar definierte Welt, aus der der „Blödelbarde“ kam und vielleicht ist es wirklich an der Zeit, loszulassen. Drunt im Tal wird aber immer ein Ottili sitzen.



Montag, 14. Juli 2014

7 Zwerge - Der Wald ist nicht genug (2006)




7 ZWERGE – DER WALD IST NICHT GENUG
Deutschland 2006
Dt. Erstaufführung: 26.10.2006
Regie: Sven Unterwaldt

Immer wenn man glaubt, schlimmer geht es nimmermehr… Fast auf den Tag genau zwei Jahre nach dem zumindest finanziellen Erfolg von 7 Zwerge – Männer allein im Wald kam die Fortsetzung in die deutschen Kinos, die das gleiche Team sowohl vor als auch hinter der Kamera wieder vereinte. Und man muss es wohl als Leistung ganz eigener Art ansehen, dass man es schaffte, den ersten Teil noch zu unterbieten. Der Wald ist nicht genug ist noch etwas fahriger als Teil eins und – was weitaus schlimmer wiegt – noch unlustiger. Um genau zu sein gibt es in diesem Film keinen einzigen Moment, der auch nur rudimentäre Aufmerksamkeit verdient. Der Film ist selbst als „Häppchen für zwischendurch“ in keinster Weise zu empfehlen, es sei denn, man interessiert sich dafür, wie unerträglich lang 95 Minuten sein können. Ich schaue Filme normalerweise „in einem Rutsch“. Hier musste ich zwei Pausen einlegen, weil Der Wald ist nicht genug so sehr an meinen Nerven zerrte.

Diesmal muss Rumpelstilzischen (Axel Neumann) in der leidlichen Veralberungsmaschinerie dran glauben. Dies will in der Tradition des Märchens das Königskind für sich beanspruchen und legt Schneewittchen (Cosma Shiva Hagen) die Bürde auf, seinen Namen herauszufinden. Dies ruft ihre Freunde, die sieben Zwerge Bubi (Otto Waalkes), Tschako (Mirko Nontschew), Sunny (Ralf Schmitz), Cloudy (Boris Aljinovic), Cookie (Gustav-Peter Wöhler), Speedy (Martin Schneider) und Neuzugang Ralfie (Norbert Heisterkamp) auf den Plan, die sich auf eine abenteuerliche Suche nach Pointen und den Namen des Wichtes machen…

Was kann man überhaupt noch sagen, was nicht schon gesagt wurde? Der Wald ist nicht genug ist einer dieser Filme, die den Zuschauer fassungslos zurücklassen. Wie konnte so etwas jemals in Produktion gehen? Wer hat dafür Geld bezahlt, sowohl im Vorfeld als auch später an der Kinokasse? Hat denn niemand der Involvierten sich jemals sie Sinnfrage gestellt? Offensichtlich nicht, denn die in allen Belangen, außer vielleicht wieder der handwerklichen, unzumutbare Produktion existiert. Wirklich. Obwohl man es kaum glauben kann.

Man ist es im Grunde auch leid, über das Nichtexistieren von Witzen und den selbstverliebten Auftritt weiterer sogenannter Comedians, in diesem Fall beispielsweise Oliver Pocher und Mario Barth, mehr Worte zu verlieren als nötig. Einzig Helge Schneider, der wieder so wirkt, als habe er weiß Gott besseres zu tun als in diesem Film mitzuspielen, ist ein kleiner Lichtblick und verweist mit seiner Arbeit in einem Fischwagen auch gleich noch auf den in allen Belangen besseren Nonsens-Film Jazzclub – Der frühe Vogel fängt den Wurm.

Dramaturgisch ist der zweite Teil noch unkonzentrierter als ein Vorgänger. Es wirkt, als habe man diesmal nicht einmal mehr Lust gehabt, auch nur einen irgendwie gearteten Aufhänger für die Zwergenodyssee zu liefern, der sie irgendwann auch in die reale Welt führt. Hier geht ebenso jegliches Potenzial flöten wie im Rest des Films, in dem sich die Zwerge in anderen Berufen versuchen und konstant den naiven (oder, im Kontext der anderen Zwerge vielleicht auch geistig eingeschränkten) Bubi ignorieren, der das Martyrium selbstredend innerhalb kürzester Zeit auflösen könnte. Aber dann könnte man ja nicht so viel Spaß mit diesen vor Esprit nur so überschäumenden Figuren haben…

Relativierende Stimmen werden immer einwenden, dass 7 Zwerge ja auch eher ein Kinderfilm sei, harmlose Familienunterhaltung. Dies setzt gleich zwei Irrtümer voraus. Erstens: dass Familienunterhaltung sich automatisch auf den allerkleinsten gemeinsamen Nenner zurückziehen muss. Zweitens: dass Kinder so genügsam sind, dass man ihnen jeden Mist vorsetzten kann. Beides ist im Grunde ungeheuerlich, beleidigt es doch die Intelligenz einer nicht unerheblichen Zuschauergruppe. Ein Familienfilm kann gleichermaßen lustig wie ansehnlich sein, er muss nicht dümmlich wie dieser daherkommen und wenn man meint, man könne Kindern alles vorsetzten, weil ihr Urteilsvermögen noch nicht so ausgeprägt ist, der tritt ihr Recht auf gute Unterhaltung mit Füßen. Viele Blockbuster sind, so könnte man meinen, nur dadurch zu erklären, dass Generationen von Kindern eher Filme wie Der Wald ist nicht genug als zum Beispiel Niels Arden Oplevs Der Traum gesehen haben.

Grauenhafte Produktionen wie diese fordern ja immer auch die Neugierde derer heraus, die das Produkt noch nicht begutachtet haben - ist es wirklich so schlecht? Ja, sie ist es. Ich habe gelitten, damit Sie es nicht müssen. Bleiben Sie diesem Film einfach fern. Es würde mich nicht wundern, wenn es dafür auch ärztliche Atteste gibt, die dann wahrscheinlich alle Filme von Sven Unterwaldt miteinschließen.



Montag, 7. Juli 2014

7 Zwerge - Männer allein im Wald (2004)




7 ZWERGE – MÄNNER ALLEIN IM WALD
Deutschland 2004
Dt. Erstaufführung: 28.10.2004
Regie: Sven Unterwaldt

Nach dem nach künstlerischen Gesichtspunkten durchaus treffend titulierten Otto – Der Katastrofenfilm schien eine Überlegung die Runde gemacht zu haben: Kann Otto Waalkes allein noch einen Film tragen? Die Antwort war offensichtlich ein klares Nein, weshalb er sich für sein nächstes Projekt jede Hilfe suchte, die er finden konnte. Heraus kam 7 Zwerge – Männer allein im Wald, eine an den Auswüchsen des Privatfernsehens geschulte Nummernrevue, deren Qualität zwischen furchtbar und kaum zu ertragen oszilliert. Kurioserweise ist der Film sehr viel weniger als die Summe seiner Teile, denn obwohl gefühlt jedes Gesicht, über das man sich in Deutschland in den 2000ern amüsierte, auftaucht, ist der Film ein humoristisches schwarzes Loch.

Im finsteren Unterwald residiert die von der Welt und den Frauen enttäuschte Männer-WG der sieben Zwerge. Angeführt von Brummboss (Hein Hoenig) leben Bubi (Otto Waalkes), Tschako (Mirco Nontschew), Sunny (Ralf Schmitz), Cloudy (Boris Aljinovic), Cookie (Markus Majowski) und Speedy (Martin Schneider) in den Tag hinein und vertreiben sich die Zeit mit „Zwergenhalma“ – sich gegenseitig Bretter vor den Kopf schlagen. Als sich das schöne Schneewittchen (Cosma Shiva Hagen) in ihren Wald verirrt, steht ihre Welt Kopf. Und als dann auch noch die böse Königin (Nina Hagen) auf den Plan tritt und Schneewittchen entführt, müssen die zipfelmützigen Einsiedler gar ihr Refugium verlassen und ihr zur Hilfe eilen…

Als wenig zielgerichtete Märchenparodie bedient sich 7 Zwerge vor allem des Disneyklassikers Schneewittchen und die sieben Zwerge von 1937, der erkannte, dass in den Zwergen sowohl eigenständige Persönlichkeiten als auch enormer Unterhaltungswert stecken. So sind die Figuren, wie es sich für Kindertheater gehört, stereotyp einfach zu unterscheiden. Dabei geht es aber nicht darum, eine Geschichte in irgendeiner Form zu erzählen, der Film lebt ausschließlich vom Platzieren bekannter Gesichter. Da springt Atze Schröder als Hofnarr ins Bild oder Rüdiger Hoffmann gibt den Zauberspiegel. Helge Schneider erscheint als Gandalf-Reminiszenz und liefert den besten Moment des ganzen Films ab, während Harald Schmidt augenscheinlich nicht so ganz weiß, was jemand von seinem Kaliber eigentlich in solch einem Film verloren hat. Denn abgesehen von den letzten beiden Genannten sind die Humoristen eher die Männer fürs Gröbere und präsentieren sich in den Rollen, die das geneigte Publikum schon von den meistens unsäglichen Shows auf RTL und SAT.1 kennt. So muss man sich auch noch über Tom Gerhardts Proll-Figur ärgern oder über Helmut Zerlett wundern. Ein strunzdummes Wortspiel mit den phonetischen Ähnlichkeiten zwischen „Jäger“ und „Neger“ wird gar mehrfach verwendet, was exemplarisch für das Humorniveau von 7 Zwerge stehen kann.

Es ist nichts gegen mehr oder minder unzusammenhängende Gagnummern zu sagen, aber 7 Zwerge ist weit von der Qualität eines Bananas von Woody Allen oder Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft entfernt. Der Humor ist bieder, nicht anarchisch und erschöpft sich in einer bemerkenswerten Bräsigkeit. Eine gewisse Muffigkeit hängt über dem Ganzen, besonders gut illustriert durch Zipfelmützen, die als Phallussymbol herhalten müssen. Da lacht der Spießbürger. Das Unvermögen des Films geht so weit, dass nicht einmal eine Jurassic Park-Anleihe sauber durchgeführt wird. War es zu viel verlangt, eine Gitarrensaite unter dem Tisch zu befestigen, um den Wasserglaseffekt zu replizieren? Letztlich ist alles Geschmackssache, wie immer, aber es fällt doch schwer, sich Menschen vorzustellen, die sich von 7 Zwerge bestens unterhalten fühlen und sich jenseits der frühen Pubertät aufhalten.

Einzig die handwerkliche Qualität des Films ist in Ordnung, die Sets und die Requisiten sind liebevoll gemacht, ebenso die Kostüme, und der Soundstage-Charme ist ohnehin eine ganz eigene Sache. Doch was nützt es, wenn alles andere eine Zumutung ist, von der hölzernen Regie Sven Unterwaldts bis zu den peinlichen Eskapaden wie dem schon erwähnten „Zwergenhalma“? 7 Zwerge ist Kino der aktiven Zuschauerbeleidigung, auf Autopilot inszeniert und so dümmlich, dass es niemals gut werden kann. Urplötzlich erscheint ein weiteres Otto-Soloprojekt wie das bedeutend kleinere Übel.