Montag, 24. März 2014

Muppet Movie (1979)




MUPPET MOVIE
(The Muppet Movie)
USA 1979
Dt. Erstaufführung: 12.06.1980
Regie: James Frawley

Kann man sich dem Charme einer anarchischen Puppentruppe wie den Muppets entziehen? Schwer vorstellbar, denn die von Jim Henson erdachten Kreaturen sind weitaus mehr als „nur“ Handpuppen – es sind Persönlichkeiten, hinter denen ihre nüchtern betrachtete Existenz verschwimmt. Wenn Kinder die Sets der Sesamstraße besuchen, brechen sie in Tränen aus, wenn die Puppen ohne Spieler herumliegen, weil sie denken, sie seien tot. Es zeigt vom ungeheuren Talent Hensons, dass sich dieser direkte, kindliche Effekt auch auf Erwachsene ausweitet. Die Muppets sind keine bloßen Puppen, wenn man von Kermit dem Frosch redet, redet man von Kermit dem Frosch und nicht von seinem Puppenspieler. So ist die illustre Schar von Tieren, Monstern und Hybriden längt Teil eines (pop)kulturellen Gedächtnisses und als der erste Kinofilm mit ihnen 1979 ins Kino kam, war auch die TV-Show erst drei Staffeln alt, zwei weitere sollten noch folgen. In diesem Direktvergleich mag dem Puristen die Respektlosigkeit, die Sinnlosigkeit fehlen, die Die Muppet Show kennzeichneten. Muppet Movie ist etwas braver als sein TV-Pendant, behält die episodenhafte Struktur aber bei. Die Odyssee, die hier unternommen wird, ist nur eine Ausrede, um eine Art „Origin Story“ zu erzählen und als solche eine sehr unterhaltsame Angelegenheit.

Kermit der Frosch lebt glücklich in seinem Sumpf, wo er eines Tages auf einen Agenten (Dom DeLuise) trifft. Dieser bestärkt ihn darin, ein toller Musiker und Entertainer zu sein und sein Glück doch mal in Hollywood zu versuchen. Da ein großes Studio gerade ein Casting für Frösche gestartet hat, macht sich Kermit nach kurzer Bedenkzeit tatsächlich auf den Weg. Unterwegs trifft er allerlei Gesellen, unter anderem Fozzie Bär, Gonzo und Camilla, Doktor Goldzahn und „The Electric Mayhem Band“, Miss Piggy. Sie alle schließen sich ihm an, träumen sie doch insgeheim wie er den Traum, Menschen durch die Medien glücklich machen zu können. Doch der schmierige Doc Hopper (Charles Durning) ist Kermit dicht auf den Fersen, sieht er in ihm doch einen perfekten Werbeträger – für seine Restaurants, die Froschschenkel verkaufen…

Die Welt der Muppets ist ein bisschen seltsam: es gibt Menschen, Tiere und eben die fusseligen Kreaturen, die sich einer eindeutigen Definition entziehen. Die gesellschaftlichen Dimensionen werden allerdings nicht ausgeleuchtet, auch wenn das Angebot, einem vernunftbegabten Frosch einen Werbevertrag zur Anpreisung von Froschschenkeln anzubieten, eindeutig als moralisch verwerflich angesehen wird. Ansonsten haben die Muppets durchweg die Rollen der sozialen Randfiguren inne. Sie sind Slacker, Künstler, Tagelöhner. Einzig Miss Piggy fällt als Emporkömmling aus dem Rahmen, einer der Gründe, warum sie als eine der weniger sympathischen Figuren angesehen werden muss und ihre Beziehung zu Kermit dementsprechend ambivalent bleiben sollte. Miss Piggy versucht ständig, jemand zu sein, der sie nicht ist und ihre aufgesetzt-plumpe Art der Annäherung wird folgerichtig von Kermit nicht aus vollem Herzen erwidert. Die dysfunktionale Beziehung der Beiden sollte erst von Jim Hensons Sohn Brian nach dem Tod des Vaters entschärft werden – indem er Piggy schlicht in den Hintergrund verfrachtete. Die Rolle des störenden Elements inmitten des bunten Reigens bekleidet Piggy bereits in Muppet Movie mit Bravour.

Während die Show unmissverständlich den kreativ eingesetzten und technisch mitunter brillant realisierten Puppen gehört, gibt es auch in Muppet Movie eine ganze Reihe von Cameoauftritten, die die Gaststarrollen der TV-Show spiegeln. So ist es niemand geringerer als Orson Welles, der Kermit und Co. den „Standard-Reich-und-berühmt-Vertrag“ angedeihen lässt, Steve Martin hat einen großartigen Auftritt als genervter Kellner und Mel Brooks brilliert als verrückter Wissenschaftler. James Coburn wird aus seinem eigenen Café geworfen, Richard Pryor verkauft Gonzo zu viele Luftballons und Cloris Leachman reagiert allergisch auf Muppet-Fussel. Die Tradition dieser Gaststars, die natürlich immer auch ein Spiegel der gerade aktuellen Schauspielerriegen war und ist, hat sich bis heute gehalten.

Muppet Movie ist wunderbare Unterhaltung, liebevoll gemacht, wenn auch die deutsche Synchronisation sich mit vielen Sprachwitzen deutlich schwer tut („All drinks on the house.“ wird zu „Auf dem Dach steht ein Glas Whisky.“). Dafür sind die eingedeutschten Songs nicht so eine Katastrophe, wie man es hätte befürchten können und Rainbow Connection auch heute noch ein Gassenhauer. Die Muppets unternehmen eine Reise ins Showgeschäft, weil es ihnen ein Bedürfnis ist, Freude zu verbreiten. Man kann nach Muppet Movie einfach nicht abstreiten, dass Jim Henson damit auch ein Stück weit eine Autobiographie abgeliefert hat.



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