Mittwoch, 8. Januar 2014

White House Down (2013)




WHITE HOUSE DOWN
USA 2013
Dt.
Erstaufführung: 05.09.2013
Regie: Roland Emmerich

Ach, Roland Emmerich. Was der „Spielberg aus Sindelfingen“ auch anfasst, es hat immer einen ungemein trashigen Anstrich. Manchmal sind seine Filme besser, als sie es verdient haben (The Day After Tomorrow), mal sind sie ziemlich mies (2012), meistens sind sie vorhersehbare, leicht zu goutierende Durchschnittsware. Und vielleicht sollte man mit White House Down strenger ins Gericht gehen, aber ihn trifft so etwas wie die Gnade der späten Geburt: er wurde nach dem desaströsen Olympus Has Fallen – Die Welt in Gefahr veröffentlicht, der ebenfalls einen Angriff auf das Weiße Haus zum Inhalt hatte. Für sich genommen ist White House Down beileibe kein guter Film, aber er ist sich seiner eigenen Idiotie sehr viel mehr bewusst als es sein Bruder im Geiste war. Man könnte auch sagen: Während Antoine Fuqua mit jeder Faser an seine Prämisse glaubte, ist Roland Emmerich augenscheinlich intelligent genug, dies nicht zu tun. White House Down wohnt eine gewisse Unschuld inne, eine fast kindliche Freude an den Reibereien, die er zeigt. Es ist und bleibt ein Film für ewige Zwölfjährige, aber Emmerich weiß um diesen Umstand. Dieses Element sollte man nie unterschätzen.

Cale (Channing Tatum) ist ein Polizist, geschieden, auf der Suche nach höheren Aufgaben – am liebsten im Secret Service, dienend zum Schutz des US-Präsidenten. Der Mann, der den Posten momentan bekleidet, ist Sawyer (Jamie Foxx), der gerade zum Zeichen des guten Willens die US-Truppen aus dem Nahen Osten abziehen will – eine Chance auf Frieden für die gebeutelte Region. Dies scheint einigen Individuen allerdings nicht in den Kram zu passen und sie besetzten kurzerhand das Weiße Haus und nehmen eine Touristengruppe als Geisel, zu der auch Cale und seine videobloggende Tochter Emily (Joey King) gehören. Doch die Aggressoren haben ihre Rechnung ohne Cale gemacht, der entkommen kann und von da an mit dem Präsidenten als Waffenbruder gegen sie agiert. Doch die Zeit wird immer knapper, schließlich wäre dies kein Roland-Emmerich-Film, wenn nicht der Dritte Weltkrieg verhindert werden müsste…

Es dauert keine zehn Minuten bis man alle Plot Points des Films zusammen hat. Die Überraschungen liegen eher in den Details. Dass sich die Angreifer zunächst als Crew tarnen, die das Heimkino im Weißen Haus neu installieren sollen und sich dort Actionszenen ansehen, bis ihr Einsatz ruft, kann man beispielsweise als bescheidenen Wink in Richtung der ewigen „Gewalt im Kino“-Diskussion sehen. Oder dass ein rechtsextremer Terrorist mit einer antiken deutschen Uhr erschlagen wird, entbehrt auch nicht einer gewissen Komik. Und dass es Emmerich schafft, in einem Film, der im Weißen Haus spielt, eine Autoverfolgungsjagd (!) einzubauen, ist so dämlich wie unglaublich. Aber auf eine durchaus zu ertragende Art und Weise. White House Down ist blöd und sowohl in Struktur als auch Gestaltung ein „typischer“ Emmerich, aber die ungebrochene Faszination des Regisseurs für alles, was die Technik-Übermacht USA ausmacht, für die Weite und Größe der Landmarken und der Monumente, hat auch etwas charmantes an sich. Man spürt, dass hier ein kleiner Junge seine cineastischen Träume einmal mehr auslebt und so richtig böse kann man ihm diesmal nicht sein. Sei es die Erinnerungen an Olympus Has Fallen, sei es die Konzentration auf die spielfreudige, wenn auch stumpfe Action und das Zurückschrauben patriotischer Anwandlungen – White House Down taugt durchaus zur völlig konsequenzlosen Berieselung. Im Gegensatz zu vielen anderen Blockbustern behauptet er nicht, etwas anderes zu sein als hohles Popcornkino. Er hat zwar auch keine Ambition, mehr zu sein, aber es wirkt so, als habe Emmerich sich in dieser Nische gut eingerichtet. Und so offensiv beleidigt wie in 2012 wird man als Zuschauer auch nicht.

Vor allem aber zeigt White House Down einmal mehr, dass in Emmerich ein Regisseur steckt, der sich durchaus Gedanken zur Lage der Welt macht. Die Ergebnisse mögen naiv daherkommen und ein großes Drama wird er wohl nie drehen, aber die filminternen Bemühungen um eine Entspannung im Nahen Osten schlagen in die gleiche Kerbe wie das Endbild aus 2012, in der die Reste der zerstörten westlichen Welt Zuflucht in Afrika suchen oder die Ströme von US-amerikanischen Flüchtlingen, die in The Day after Tomorrow gen Mexiko ziehen. Emmerich lässt seine Kleinods nie der Action und den kernigen Sprüchen im Weg stehen, aber er beweist auch hier mehr Fingerspitzengefühl als Fuquas reaktionärer Olympus Has Fallen. Utopisch ist auch White House Down, sowohl in seinen Vorstellungen von Politik als auch seinem Setup, das nichtsdestotrotz interessanter ist als eine Bande nordkoreanischer Terroristen. Hier kommt die Gefahr von innen und arbeitet an der Erhaltung eines Systems, dass mit Angst und Tod Geld verdient.

White House Down ist ein Heuler von einem Film, man ist mehr als einmal überrascht davon, mit welch hinlänglich bekannten Versatzstücken Emmerich versucht, den Zuschauer zu überzeugen und dennoch ist dieser Angriff auf die US-Machtzentrale die bessere Wahl, wenn man eben genau das sehen will. White House Down ist ein Film von einem kleinen Jungen für kleine Jungen – etwas augenzwinkernd, etwas blöd, aber auch etwas unterhaltsam. Wahrlich keine große Kunst, aber passable, wenn auch in letzter Konsequenz vergessenswerte, Action.



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