Montag, 13. Januar 2014

The World's End (2013)




THE WORLD’S END
Großbritannien 2013
Dt. Erstaufführung: 12.09.2013
Regie: Edgar Wright

Die Erwartungen waren hoch an den Abschluss der sogenannten „Cornetto-Trilogie“, die mit dem entspanntesten Zombiefilm aller Zeiten, Shaun of the Dead, begann und mit dem großartigen Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis fortgesetzt wurde. Verbindendes Element war stets Regisseur Edgar Wright und die beiden Hauptdarsteller Simon Pegg und Nick Frost sowie das Genre, das durch sie ironisch neu interpretiert bzw. parodiert wurde. Nach dem Zombiefilm und dem Actionfilm haben sich die drei Briten diesmal eine harte Nuss ausgesucht: den Alien-Invasionsfilm vom Schlage eines Die Körperfresser kommen. Das Problem: Jack Finneys Roman, inzwischen viermal verfilmt, trägt mit seiner Geschichte von der langsamen Unterwanderung der Menschheit durch Außerirdische, die ihre Opfer durch äußerlich perfekte, aber gefühlskalte Kopien ersetzen, bereits selbst einige subtil-schwarzhumorige Satireelemente in sich. Pegg und Wright, die auch als Drehbuchautoren in Erscheinung treten, wissen dem kaum etwas hinzuzufügen. So zerfällt The World’s End schlussendlich in zwei sehr unterschiedliche Teile. Zum einen ist er ein melancholischer Stand by Me/The Breakfast Club-Hybrid für nostalgische Erwachsene, zum anderen eine wenig originelle Parodie auf Finneys Werk und vor allem dessen Film-Inkarnationen. Es wirkt fast so, als seinen Wright, Frost und Pegg hier schlicht die Ideen ausgegangen.

Anfang der Neunziger endete die Schulzeit für fünf Freunde in einem englischen Kaff, was sie als Anlass nahmen, die „goldene Meile“ zu bezwingen: zwölf Pubs, zwölf Biere, der perfekte Alkoholrausch. Wie es oft so mit jugendlich-hochfliegenden Plänen ist, wurde das Ziel nie erreicht. Für Gary King (Simon Pegg) bedeutete dies stets ein Loch in seiner Biografie – zumal er, der ewige Slacker, ohnehin nicht viel mehr in seinem Leben zustande gebracht hat. Also rekrutiert er seine alten Freunde Andy (Nick Frost), Oliver (Martin Freeman), Steven (Paddy Considine) und Peter (Eddie Marsan), um zwanzig Jahre später die „goldene Meile“ doch noch zu schaffen. Garys Freunde gehen widerwillig mit auf den Trip, haben sie doch inzwischen alle Jobs und Familien und hängen ihrer Jugendzeit nicht mehr so nach wie ihr ehemaliger Anführer. Doch gerade als auch bei ihnen ein gewisses Maß an Nostalgie einsetzt, holt sie eine unschöne Erkenntnis zurück auf den Boden der Tatsachen: ihre alte Heimatstadt wird von Außerirdischen unterwandert, die kooperationsunwillige Menschen mit seelenlosen Robotern ersetzten. Also haben die Freunde nun zwei Missionen: alle zwölf Pubs bezwingen, mit dem „World’s End“ als passenden Abschluss, und die Rettung der Menschheit…

Sowohl Shaun of the Dead als auch Hot Fuzz lebten von der immensen Kenntnis der zugrundeliegenden Genres, die eine genüssliche Offenlegung der typischen Absurditäten erst möglich machte. Auch Paul – Ein Alien auf der Flucht, ohne Wright entstanden, dafür mit Pegg und Frost in den Hauptrollen, bezeugte eine intime Kenntnis der Vorbilder. Allen drei Filmen war gemein, dass sie immens unterhaltsam waren. Das man dies nur bedingt über The World’s End sagen kann, ist wohl das traurigste an diesem Werk, bei dem der Parodie-Aspekt nicht mehr nahtlos mit den anderen Elementen verknüpft ist. Man könnte auch sagen: in der ersten Hälfte beweisen Wright und Pegg so viel Gespür für Figuren, Situationen und Atmosphäre, dass die zweite Hälfte mit ihrer überlebensgroßen Action und den repetitiven Elementen wie ein Fremdkörper wirkt. Figurenentwicklung und hemmungslose Parodie finden nicht zusammen.
Bis die Roboter die kleine Runde aufmischen, ist The World’s End nämlich ein erstaunlich sensibler Film, auch wenn viel geflucht wird. Es hat etwas zutiefst schwermütiges an sich, wenn Gary (dem Pegg bemerkenswerterweise erlaubt, alles andere als sympathisch zu agieren) krampfhaft versucht, seine Vergangenheit wiederzubeleben und im Laufe der Zeit mit seinen Verfehlungen, seinem Alkoholismus und seinem generellen „Peter-Pan-Syndrom“ konfrontiert wird. Die Gags kommen nicht mehr wie mit der Schnellfeuerwaffe abgeschossen daher, aber sie sind noch präsent. Besonders schön ist, als Gary & Co. den zweiten Pub auf ihrer Route betreten und dieser – Franchising sei Dank – wie eine Kopie des Ersten aussieht, was Gary natürlich als Einziger nicht bemerkt. Es sind Momente wie diese, genau wie die sich wie wirkliche Gespräche zwischen erwachsen gewordenen Schulfreunden anhörenden Gespräche, die sich im Laufe der Zeit entwickeln, die The World’s End weniger lustig, aber auch gereifter erscheinen lassen als seine Vorgänger. Das Chaos der Roboter-Invasion, die sich ständig wiederholenden Kampfszenen, stören da nur. Von dem Moment an, in dem Gary und seine Kumpel eine Gruppe Invasoren auf der Herrentoilette platt machen, befindet sich The World’s End in einer Spirale gen Süden.

Es wird schlicht gewahr, dass man aus der Alien-Prämisse wenig gemacht hat. Die Kombination von Pub-Cruising und Zerstörung der Roboter gebiert sich wie eine wilde Fanboy-Fantasie, die sich nur auf dem Papier gut angehört zu haben scheint, im fertigen Film aber eher irritiert. Und auch wenn man die sich als benevolent gebenden Aliens schlussendlich mit menschlicher Ignoranz zum Rückzug bewegen kann (ein an sich durchaus charmanter Einfall), ist das, was ihm als Konsequenz folgt, der Aufhänger für einen gänzlich anderen Film. Simon Pegg in The Road – ein weiteres der nicht sehr funktionalen Bestandteile von The World’s End. Man mag die erzählerische Unerschrockenheit loben, die man so in einer Komödie nicht erwartet, falsch fühlt es sich dennoch an.

So muss man sich eingestehen, dass man das Beste nicht bis zum Schluss aufgehoben hat. Die „Cornetto-Trilogie“ startete stark, wurde im Mittelteil noch besser, nur um dann erheblich abzufallen. Die erste Hälfte des Films kann als Ermutigung gesehen werden, dass Wright, Frost & Pegg demnächst mal eine schwarze, melancholische Komödie ohne Phantastik-Elemente drehen sollten. Die zweite Hälfte zeigt nämlich nur, dass sie sich mit ihren Parodien auch erstaunlich schnell in eine Sackgasse schreiben können. The World’s End ist den bisherigen Outings des Trios schlicht nicht würdig.



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