Montag, 27. Januar 2014

The Breakfast Club - Der Frühstücksclub (1985)




THE BREAKFAST CLUB – DER FRÜHSTÜCKSCLUB
(The Breakfast Club)
USA 1985
Dt.
Erstaufführung: 05.07.1985
Regie: John Hughes

Ein Problem mit Genre-definierenden Filmen ist, dass sie durch die Flut an Nachahmern an Strahlkraft verlieren können. Es ist leider eine Tatsache, dass in manchen Kreisen ein Werk wie Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt nicht den Respekt bekommt, dass es verdient – unzählige mehr oder minder offensichtliche Plagiate, die womöglich „schneller“ daherkommen als das sich mehr auf Atmosphäre denn plumpe Schocks verlassene Original, haben die Wahrnehmung getrübt (über Hardcore-Fans von It! The Terror from beyond Space wollen wir an dieser Stelle gar nicht erst reden). The Breakfast Club ist ein ähnlicher Fall: die unglaubliche Flut an Teeniekomödien, die sich mal mehr, mal weniger auf John Hughes Instant-Klassiker berufen, verstellen manchmal den Blick auf einen der vielleicht ehrlichsten Vertreter des Subgenres. Doch während viele Nachfolger die Klischees, mit denen Hughes spielt, aufgreifen und sie als Stereotype stehen lassen, bricht The Breakfast Club genüsslich mit ihnen. Es gibt sehr viel Material in diesem Film, für das die Amerikaner den schönen Ausdruck cheesy haben – latent peinliche Szenen, die durch Nostalgie besser davon kommen als sie eigentlich dürften. Aber unter der Oberfläche liegt ein Film, dessen Verständnis für pubertierende Gehirne so unverkrampft und wahr daherkommt, dass The Breakfast Club auch jenseits der 1980er Jahre noch etwas zu sagen hat.

März 1984, eine High School in Illinois, USA, Samstagmorgen: Fünf sehr unterschiedliche Charaktere, jeder aus einer anderen „Kaste“ der Schule, müssen sich um 7 Uhr in der Bibliothek einfinden, um dort wegen verschiedener Vergehen nachzusitzen. Die Gruppe besteht aus Andrew (Emilio Estevez), Mitglied der Ringermannschaft, dem beliebtesten Mädchen der Schule, Claire (Molly Ringwald), dem Nerd Brian (Anthony Michael Hall), dem Rebell John (Judd Nelson) und der sehr eigenen Außenseiterin Allison (Ally Sheedy). Beaufsichtigt vom kleinkarierten Lehrer Richard Vernon (Paul Gleason) sollen sie einen Aufsatz zum Thema „Wer bin ich?“ schreiben. Doch ihrer Identität sind sie sich nur oberflächlich bewusst, offerieren die Stunden der Zwangsgemeinschaft doch nach und nach neue, ungeahnte Einblicke in den Charakter des jeweils anderen…

…und entlarvt nebenher das Artifizielle des „Kastensystems“ an amerikanischen High Schools. Es kommt wohl auf die Schulform und die einzelnen Klassen an, inwieweit sich dies auch auf deutsche Schulen übertragen lässt, aber in der Quintessenz hat The Breakfast Club etwas bemerkenswert Universelles an sich. So interessiert sich Hughes sehr für das Innenleben seiner Figuren und nimmt die Stereotypen nur als Aufhänger. Die Konstellation des Breakfast Club wurde bereits massenhaft kopiert, Hughes erforscht aber die Figuren hinter dem Klischee und begnügt sich nicht mit der Ausstellung des Status Quo. Cliquendenken wird hier genauso infrage gestellt wie Hughes, bei der Veröffentlichung des Films immerhin 35 Jahre alt, eine ungeheure Sicherheit in der Zeichnung seiner jugendlichen Figuren beweist. Alle Protagonisten sind bereits über die I know it all-Phase der frühen Pubertät hinaus, der „Ernst des Lebens“ schleicht sich unaufhörlich heran und diese Erkenntnis sorgt bei allen für eine bittersüße Grundstimmung. Denn allen ist klar, dass sie langsam ihr Leben selbst verhandeln müssen, was zu inneren Konflikten zwischen Sehnsucht und Pragmatismus führt. Wenn Andrew offenbart, dass er sein Sportlerimage nur seinem Vater zuliebe pflegt, er sich eigentlich etwas anderes für sein Leben vorstellt (was, das kann er, ganz Teenager, nicht wirklich benennen), seinen Vater und seine Werte verachtet und von seinen eigenen Taten bestürzt ist, dann dürfte dies eine der besten Darstellungen von teen angst sein, die je auf Film gebannt wurde. Die Furcht, so zu werden wie die eigenen Eltern, wird ohnehin nie an Brisanz verlieren, zumal die Diskussionen, die die Figuren in diesem Film führen, in der Realität mitunter noch Jahre jenseits der Adoleszenz weitergesponnen werden. So ist es auch nur folgerichtig, dass sich Brian mit Selbstmordgedanken wegen einer schlechten Zensur (in Werken!) trägt. Für einen Erwachsenen mag das befremdlich sein („Davon geht die Welt doch nicht unter…“), aber in der Logik der Pubertät ist es tatsächlich für manchen eine Option, die durchgespielt wird. Hughes, in den USA ohnehin auf Ewigkeiten mit dem Ruf des „ewigen Teenagers“ tituliert, weiß ganz genau, wie Menschen in diesem Alter ticken und es ist eine zusätzliche Leistung, dass The Breakfast Club auch noch für Zuschauer jenseits des Kernpublikums funktioniert. Der Film ist äußerst sorgfältig inszeniert.
Dabei sollte auch erwähnt werden, dass sich der Film auch nicht auf eine simple Schwarz/Weiß bzw. Oben/Unten Schilderung verlässt, die (wenigen) Erwachsenen im Film also nicht als bloße Antagonisten zeichnet. Vernon ist ein kleinkarierter Bürokrat, jene Sorte negativer Lehrer, die wohl jeder während seiner Schulzeit hatte. Doch Hughes lässt ihn nicht zum zahnlosen Schurken verkommen. Sicher, Vernon nutzt seine Machtposition, die sich natürlich nicht durch Können oder zwischenmenschliche Qualifikationen erklären lässt, aus, aber der Film gibt ihm darüber hinaus einen Grund dafür. Dieser muss zwar durch den Hausmeister Carl (John Kapelos) hinterfragt werden, aber Vernon wird dadurch (in Verbindung mit einigen weiteren Details) zu mehr als einem bloßen Abziehbild.

Man wünscht sich eine ähnliche Sensibilität im Umgang, wie sie The Breakfast Club zeigt, für die Realität. Es ist schwierig zu sagen, ob sich ein jugendliches Publikum heute noch genauso für den Film erwärmen könnte wie in den 1980er Jahren, denn er ist dank Musik und Kostümen eindeutig ein Kind seiner Zeit. Allerdings spricht sein pures Verständnis für die Figuren sehr für ihn. Die Parameter mögen sich ändern, der Kern bleibt davon aber unangetastet. The Breakfast Club ist ein sehr viel intelligenterer Film, als man ihm auf den ersten Blick zutrauen würde und er hat das unbestreitbare Potenzial, dass ich auch noch sehr viele künftige Generationen von Filmfreunden die Frage stellen werden: Was passiert am Montag?




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen