Donnerstag, 10. Oktober 2013

Europa Report (2013)




EUROPA REPORT
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 07.10.2013 (DVD-Premiere)
Regie: Sebastián Cordero

Während Gravity verdientermaßen gerade im Kino für Furore sorgt, schleicht sich als DVD-Premiere ein weiterer sehenswerter Genrefilm in den Verleih. Das Rad erfindet Europa Report zwar nicht neu, aber es gelingt ihm, bekannte Konventionen spannend und von einem leicht abgewandelten Blickpunkt aus zu betrachten. Vor allem aber legt er viel Wert darauf, dass sich seine Charaktere nicht wie Idioten benehmen. Actionfans werden enttäuscht sein, aber jeder, der den Science-Aspekt von Science-Fiction noch nicht ganz aus den Augen verloren hat, wird hier einen dankbaren Zeitvertreib finden.

In nicht allzu ferner Zukunft wird eine privat finanzierte Mission zum Jupitermond Europa geschickt, um dort zu landen und die Theorie zu überprüfen, ob unter der dicken Eisschicht, die den Mond bedeckt, flüssiges Wasser existiert. Es geht also um die alte Frage, ob wir allein im Universum sind und schon die Entdeckung von einzelligen Organismen käme einer Sensation nahe. Was die internationale Crew auf Europa allerdings findet, steht jedem Theoriegebäude entgegen – und entwickelt sich zu einer ernsthaften Gefahr für die Astronauten…

Europa Report ist clever, ohne mit dieser Cleverness groß hausieren zu gehen. Es sind die Details, die den Film lebendig machen; die private Finanzierung der Mission ist in Zeiten, in denen über die privatwirtschaftlich organisierte Reise zum Mars ernsthaft spekuliert wird, ist nur eins dieser Details. Der Film kommt ohne überzogene Charaktere aus und die Figuren verhalten sich wie Wissenschaftler auf einer Mission, nicht wie Film-Wissenschaftler, die ständig hanebüchene Fehler begehen. Und die Verbindung von Standard-SF-Settings und wissenschaftlicher Plausibilität ist schlüssig (besonders hübsch sind die verschiedenen Zonen des Raumschiffs, in der wahlweise Schwerkraft oder Schwerelosigkeit herrscht).

Der Film bedient sich des momentan über alle Maßen beliebten Found-Footage-Stilmittels, die Mission auf Europa wird also ausschließlich durch die Bord-, Helm- und Außenkameras für den Zuschauer erfahrbar. Durch die stationäre Anbringung umgeht man so übermäßiges Verwackeln der Bilder. Die nicht-lineare Erzählweise ist dann eine rein dramaturgische Entscheidung, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Verbunden werden die zur Erde zurückgesandten Bilder mit talking heads der Organisatoren der Mission, wie man es aus gängigen Dokuinterviews kennt. Verbunden mit dem angestrebten Realismus in der Darstellung der Mission selbst generiert Europa Report so ein angenehmes Klima der Glaubwürdigkeit.

Der Duktus ist gesetzt. Es gibt wenige Actionsequenzen im eigentlichen Sinne, aber durch die Montage hält der Film seine innere Spannung konsequent aufrecht. Europa Report wirft Fragen auf, manche beantwortet er, manche bewusst nicht. Die Gefahren, die der Crew auf dem Mond entgegentreten, sind ebenfalls logisch konstruiert, ohne dass der Film sich mit längeren Monologen darüber aufhält. Regisseur Sebastián Cordero und Drehbuchautor Philip Gelatt vertrauen auf die detektivischen Fähigkeiten des Zuschauers und vermeiden so eine genügsame Bevormundung. Europa Report bietet genug Material, um über das Gezeigte hinaus zu denken und zu spekulieren.

Von außen betrachtet mit viel Standard-Genre-Ballast behaftet (das Abzählreim-Schema, nach dem die Astronauten dezimiert werden sei da ein Beispiel), schafft es Europa Report dennoch, interessant genug zu sein, um die 90 Minuten Spielzeit souverän und unterhaltsam zu füllen. Gut aufgelegte Darsteller und einige in ihrem Minimalismus meisterhafte Bilder (die weit aufgerissenen Augen einer Astronautin in Nahaufnahme entfalten im Kontext der Sequenz eine ungeahnte Kraft) sorgen ebenfalls dafür, dass Europa Report nicht nur für Genrefans einen Trip zur Videothek lohnt.



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