Montag, 10. Juni 2013

Frankenweenie (2012)




FRANKENWEENIE
USA 2012
Dt. Erstaufführung: 24.01.2013
Regie: Tim Burton

1984 drehte Tim Burton einen Live-Action-Kurzfilm mit Shelley Duvall, David Stern und Barrett Oliver. Der Name des Films: Frankenweenie. Inhalt: Ein Junge erweckt seinen überfahrenden Hund wieder von den Toten auf. Dieses simple Konzept scheint den Regisseur nie ganz losgelassen zu haben, denn 28 Jahre später präsentiert er uns dieses Remake: in schwarz/weiß und mit der unverwüstlichen Stop-Motion-Tricktechnik in Szene gesetzt, die schon King Kong anno 1933 das Laufen lehrte. Das Endergebnis ist nicht auf dem gleichen Level wie Burtons andere animierten Outings (Nightmare Before Christmas), aber trotz einiger Probleme ein unterhaltsamer, surrealer Trip vor allem für ältere Zuschauer. Die Freigabe FSK ab 12 hat ihre Berechtigung.

Victor und sein Hund Sparky sind die besten Freunde. Zusammen gehen sie nicht nur durch dick und dünn, sie drehen auch im heimischen Garten erste Monsterfilme mit Sparky in der Hauptrolle. Als der Hund von einem Auto überfahren wird, bricht für Viktor eine Welt zusammen, doch ein Experiment im Wissenschaftsunterricht seiner Schule bringt ihn auf eine Idee. Er exhumiert Sparky, flickt ihn wieder zusammen und lässt ihn beim nächsten Gewitter vom Blitz treffen. Und wirklich, es funktioniert: Sparky erwacht zu neuem Leben ist wird fortan mit Strom betrieben. Allerdings bleibt Vikrors Geheimnis nicht lange unentdeckt und als sich diverser Klassenkameraden sich seiner Ideen bemächtigen, um ihrerseits ihre toten Haustiere wiederzubeleben, gerät die Lage außer Kontrolle.

Vor allem in seinen Trickfilmen, egal ob als Produzent oder Regisseur, lässt Tim Burton seiner makaberen Phantasie freien Lauf. Frankenweenie ist, wie könnte es anders sein, da keine Ausnahme. Ausgebuddelte Hundeleichen, wiederbelebte Körper, von denen auch schon mal wieder Teile abfallen, das Burton-typische Design der Figuren – dies ist wahrlich kein Film, der etwas mit der gängigen Ästhetik des produzierenden Disneystudios zu tun hat. Dabei erinnert die Gestaltung etwas zu sehr an den vorangegangenen Animationsfilm Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche. Nicht nur, dass die Hauptfigur wieder Victor heißt, die beiden sehen sich auch recht ähnlich. Der Rest der Figuren ist mit Ausnahme des Wissenschaftslehrers, der wie die Burton-Version von Vincent Price aussieht und des Bürgermeisters, der Ähnlichkeiten mit Helmut Kohl aufweist, recht vergessenswert, trotz der Inszenierung als Archetypen der Horrorfilms. Einer von Victors Klassenkameraden wirkt wie Igor, Gehilfe Frankensteins, ein anderer wie Frankensteins Monster bzw. Boris Karloff. Das love interest Elsa trägt den Nachnamen Van Helsing und bricht eine Brücke in die Welt von Dracula und im sinistren Toshiaki mag man gar eine Reminiszenz an Dreißiger-Jahre-Serials á la Flash Gordon und ihre ethnisch nicht sehr feinfühligen Charaktere wie in diesem Falle Ming the Merciless erkennen. Oder einfach als Ausrede, um später im Film eine Godzilla-artige Kreatur auf die Stadt loszulassen.

Damit kann man dann auch gleich zum größten Schwachpunkt des Films kommen. Die nach Sparky wiederbelebten Tiere laufen Amok, darunter eine eben zum Godzilla mutierte Schildkröte, eine Horde Urzeitkrebse und eine blutrünstige Ratte. Diese Hommage an alte Monsterfilme, die eigentlich schon zu Beginn durch Viktors Films geschah, will nicht so ganz zu dem klugen Rest des Werks passen, das intelligente Fragen zur wissenschaftlichen Ethik stellt, die vor allem in den großartigen Dialogen von Mr. Rzykruski, dem Lehrer, zum Ausdruck kommen. Frankenweenie traut sich, das Thema Tod offen und ohne Scheu zu thematisieren, sein etwas aufgesetzt wirkendes Monsterfinale, dass in einem zweiten Showdown mündet, der direkt auf Frankenstein bezogen ist, wirkt dabei fast schon störend. Im thematisch ähnlich gelagerten ParaNorman wurden die leisen und die lauten Elemente flüssiger ineinander geführt als hier.

Frankenweenie ist ein intimer Film. Dass Burton 28 (!) Jahre nach seinem Kurzfilm die Geschichte erneut aufgreift und sie auch noch in schwarz/weiß (das im Übrigen für diverse hervorragende Bildeffekte genutzt wird) inszeniert, also nicht nur inhaltlich, sondern auch formal ein Wagnis eingeht, spricht dafür, dass die Geschichte eines Jungen mit Hang zum Monstertrash und der unauslöschlichen Liebe zu seinem Hund wohl näher an seinem Herzen ist als manch anderer Stoff. Dem Film fehlt zwar der überbordende Einfallsreichtum von Nightmare Before Christmas und der teuflisch-süffisante Unterhaltungswert von Corpse Bride, aber 80 Minuten kann man auch weitaus schlechter verbringen. Und wenn man Frankenweenie nur nutzt, um sich a) von der Vitalität der Stop-Motion-Animation zu überzeugen und b) nachzusehen, wie viele Verweise auf die Vergangenheit des Kinos man in der Laufzeit unterbringen kann. Kleiner Tipp: Es sind einige.




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