300
USA 2006
Dt. Erstaufführung: 05.04.2007
Regie: Zack Snyder
Dt. Erstaufführung: 05.04.2007
Regie: Zack Snyder
Man lässt sich auf einiges ein, um im
Kino gut unterhalten zu werden. Man akzeptiert Raumschiffe, Monster, stahlharte
Helden und Heldinnen, sprechende Tiere, unmögliche Physik und vieles mehr. Ja,
wir Kinogänger können uns auf vieles einlassen. Aber es gibt Filme, die die
unsichtbare und letztlich auch sehr individuelle Linie des Ertragbaren weit
überschreiten. 300 ist so ein Film.
Wer in diesem Machwerk nur reine Unterhaltung erkennen mag, der ist entweder
blind oder beneidenswert naiv. 300
einen faschistischen Film zu nennen, mag manchen zu weit gehen und man will den
Machern auch keine Tendenzen in diese Richtung unterstellen, aber ihr
unbedarfter, vollkommen unreflektierter Umgang mit der Materie ist nicht nur
ärgerlich, er ist auch verantwortungslos und schlicht dumm.
300 ist die lose
auf den Aufzeichnungen des antiken Historikers Herodot basiernde, real
stattgefundene Geschichte der Schlacht bei den Thermopylen, in der im Jahr 480
vor Christus ein unterlegendes Herr Spartaner gegen die einfallende persische
Armee antrat. Befehligt von König Leonidas (Gerard Butler) stellen sich
dreihundert Krieger der Übermacht, um Griechenland vor dem Untergang zu
bewahren.
So weit, so simpel. 300
will und kann kein akkurater Historienfilm sein. Er muss es auch nicht.
Basierend auf dem gleichnamigen Comic von Frank Miller (Sin City) ist Zack Snyders Film eine oft extrem getreue Umsetzung
von gezeichneten Bildern auf die Leinwand. Schauspieler agieren in komplett
künstlicher Umgebung, fast nicht wirkt real – 300 ist technisch beeindruckend und in seinem Hyperrealismus ästhetisch
durchaus interessant, aber inhaltlich eine Katastrophe von ungeahnten Ausmaßen.
Man kann sich darüber streiten, ob der Film faschistische
Tendenzen begünstigt oder ob seine offensichtliche Künstlichkeit, eben sein
Hyperrealismus, der der wirklichen Welt entrückt wird, ihn nicht deutlich als
nicht ernstzunehmendes Popcornkino kennzeichnet und ob die Abscheulichkeiten
auch und gerade des spartanischen Gesellschaftssystems einen jeden denkenden
Zuschauer nicht von vornherein abschrecken. Ist 300 also nur eine infantile Lust an epischen Schlachten anzulasten,
will er nicht mehr, als auf sehr bescheidenen Niveau unterhalten?
Es fällt schwer, angesichts der ständig rezipierten Blut-und-Boden-Rhetorik und der visuell genüsslich ausgebreiteten Differenz zwischen Spartanern und Persern daran zu glauben. Im Kern sieht man nämlich hauptsächlich 300 weiße Männer, die alles niedermetzeln, was nicht ihrem Phänotyp entspricht. Sicherlich ist die persische Bedrohung nicht allzu realistisch gezeichnet, etwa mit Monstern und Mutanten aufgepeppt, dennoch zeigt der Film auch die rein menschlichen Antagonisten zweifelhaft. Die Perser sind immer dreckiger, dunkler und hässlicher als die ihnen gegenüberstehenden Arier – Verzeihung, Spartaner. Und ihr Anführer Xerxes (Rodrigo Santoro) ist ein Hüne mit homosexuell konnotierten Anwandlungen – und natürlich verantwortlich. 300 schafft es, so gut wie alle Minoritäten auf einmal zu beleidigen und in ein schlechtes Licht zu rücken. Fazit: nur der weiße Mann ist wirklich ein Mensch, vielleicht noch seine weiße Frau, die zuhause die Kinder hütet und Verräter im „Volkskörper“ erledigt.
Es fällt schwer, angesichts der ständig rezipierten Blut-und-Boden-Rhetorik und der visuell genüsslich ausgebreiteten Differenz zwischen Spartanern und Persern daran zu glauben. Im Kern sieht man nämlich hauptsächlich 300 weiße Männer, die alles niedermetzeln, was nicht ihrem Phänotyp entspricht. Sicherlich ist die persische Bedrohung nicht allzu realistisch gezeichnet, etwa mit Monstern und Mutanten aufgepeppt, dennoch zeigt der Film auch die rein menschlichen Antagonisten zweifelhaft. Die Perser sind immer dreckiger, dunkler und hässlicher als die ihnen gegenüberstehenden Arier – Verzeihung, Spartaner. Und ihr Anführer Xerxes (Rodrigo Santoro) ist ein Hüne mit homosexuell konnotierten Anwandlungen – und natürlich verantwortlich. 300 schafft es, so gut wie alle Minoritäten auf einmal zu beleidigen und in ein schlechtes Licht zu rücken. Fazit: nur der weiße Mann ist wirklich ein Mensch, vielleicht noch seine weiße Frau, die zuhause die Kinder hütet und Verräter im „Volkskörper“ erledigt.
Filme existieren nicht im luftleeren Raum, sie sind immer
auch Zeugnis der Zeit, in der sie entstehen. So ist 300 eben ein plumper Durchhaltefilm für eine abendländische
Politik, die Freiheit und Demokratie gegen das barbarische Morgenland verteidigt
– nur wenige Jahre nach dem 11. September 2011. Jede Differenzierung
vermeidend, ist 300 also durchaus
auch als politischer Film zu lesen, zumal Politik auch ständig erwähnt wird und
eine nicht unerhebliche Rolle in der Legimitation spielt. Auch hier läuft es
darauf hinaus, dass eine Gesellschaft, die ihre Kinder bei Missfallen ermordet
und die Überlebenden mit allen Mitteln zu Kriegern stählt, dem Fremden
eindeutig vorzuziehen ist. Beide Gesellschaften sind mit ihren Methoden kein
demokratisches Vorbild, aber 300
inszeniert die Spartaner trotzdem als die besseren Menschen: wenn man alles „kranke“
tötet, zieht man sich auch keine potenziellen Verräter wie Ephialtes (Andrew
Tiernan) heran.
Wer all die furchtbaren politischen Implikationen in 300 irgendwie trotzdem verdrängen kann,
der wird auch auf rein filmischer Ebene nicht viel finden. Dialoge werden
meistens geschrien und erschöpfen sich sowieso in Action-Stereotypen, die
Charaktere sind langweilig und auch der Aufenthalt in der Kunstwelt verliert
irgendwann seinen Reiz. 300 ist schlicht und einfach ein dummer, hasserfüllter
Film und die in Interviews immer wieder zum Vorschein kommende Weigerung von
Regisseur Snyder, sich wirklich mit den Vorwürfen zu seinem Machwerk
auseinanderzusetzen, ist eine Beleidigung für sich. Und weil es nichts gibt,
dass 300 besser auf den Punkt bringt, als Abschluss ein Zitat von Thomas
Willmann von artechock: „Mir graust's schlicht davor, dass offenbar Horden von
Menschen bereit sind, einen Film wie 300 ohne das kleinste bisschen Magenbeschwerden zu
schlucken. Die Frage ist ja nicht, was Spaß macht, wenn man sich nur drauf einlässt.
Die Frage ist, worauf man bereit ist sich einzulassen, um
Spaß zu haben.“[1]
[1] Willmann, Thomas: Matschigbraune Spartaküsschen, in artechock: http://www.artechock.de/film/text/kritik/3/30defi.htm
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