Dienstag, 22. Dezember 2015

Star Wars Episode VII - Das Erwachen der Macht (2015)



STAR WARS EPISODE VII – DAS ERWACHEN DER MACHT
(Star Wars Episode VII: The Force Awakens)
USA 2015
Dt. Erstaufführung: 17.12.2015
Regie: J.J. Abrams

In der ziemlich durchwachsenen Parodie Fanboys gibt es einen pointierten Schlussgag: Nachdem eine Gruppe Freunde alles daran gesetzt hat, endlich Star Wars Episode I noch vor dem Kinostart zu sehen und dies nur einem der Ihren gewährt wurde, sitzt der Rest bei der Premiere im Kinosaal. Alle haben den immensen Hype mitgemacht, alle haben eine Odyssee den Film betreffend hinter sich. Einer wendet sich an seine Kumpel und fragt unvermittelt: „Und wenn der Film schlecht ist?“ Cut, Abspann. Treffender kann man die Fallhöhe eines Werkes wie der letzten Star Wars-Trilogie kaum zusammenfassen. Und als hätte niemand etwas daraus gelernt, ging es mit der Ankündigung, nun auch die chronologisch dritte Reihe der Sternensaga erzählen zu wollen, wieder von vorn los. Jeder Schnipsel wurde ausgiebig analysiert, jede Verlautbarung von Hardcorefans und „normalen“ Zuschauern gleichermaßen aufgesogen und trotz diverser ironischer Fanedits, die erschienen, sobald Bewegtbild in Form von Trailern auftauchte, umkreiste Episode VII von Anfang an eine besondere Aura, wohl auch wegen der Nerd-freundlichen Berichterstattung: Regisseur J.J. Abrams wurde nicht müde, sich selbst als Fan zu bezeichnen, der CGI-Overkill der vorherigen Filme sollte unterbunden werden, bekannte Gesichter wie Harrison Ford und Carrie Fisher waren wieder mit an Bord. Was sollte also schief gehen? So einiges, könnte man nun einwenden, wofür man aber von diversen Seiten wohl eher gesteinigt denn frenetisch beklatscht wird, wie es zum Beispiel am Ende der von mir besuchten Kinovorstellung passierte. Vielleicht lässt es sich zunächst so am besten ausdrücken: Das Erwachen der Macht ist keine Offenbarung, aber auch kein Reinfall. Vielmehr laviert er, wie der allermeiste von Abrams‘ Output, irgendwo in der Mitte, in einem Niemandsland zwischen Hommage und Remake, ohne dass man das Gefühl hat, dass er das Ausgangsmaterial wirklich durchdrungen hat. Wie das Star Trek-Reboot ist das Ganze für sich genommen recht unterhaltsam, kann aber sein inhaltliches Vakuum nicht gut verdecken, geschweige denn ein Gefühl für die funktionalen Elemente des Originals vermitteln. Episode VII ist das Fanboy-Remake von Episode IV.

Jahrzehnte nach dem Sturz des Imperiums droht neue Gefahr durch eine Nachfolgeorganisation namens „Die erste Ordnung“, die unter der Führung des Darth Vader-Fans Kylo Ren (Adam Driver) die Herrschaft im Universum wieder an sich reißen will. Der von der Republik unterstützte Widerstand will dies verhindern, doch mit einer Waffe, groß wie ein ganzer Planet im Rücken erkämpft sich die Ordnung schnell die Oberhand. Es ist an der Allianz zwischen dem Ordnungs-Abtrünnigen Finn (John Boyega), der einsamen Schrottsammlerin Rey (Daisy Ridley) und dem Droiden BB-8, den Widerstand dahingehend zu unterstützen, doch noch einen Weg zu finden, die aufkommende Dunkelheit zu besiegen …

Das J.J. Abrams eine menschliche Recyclingmaschine ist, sollte sich inzwischen herumgesprochen haben. So ist es kein Wunder, dass Das Erwachen der Macht wie ein Best-Of des originalen Krieg der Sterne wirkt, während der Rest von Nostalgie angetrieben wird. Nicht unbedingt eine schlechte Kombination, dasselbe Rezept trieb auch die Spielberg-Hommage Super 8 an, aber der Film wirkt dadurch seltsam leer. Der geneigte Fan ist dem Drehbuch und den Figuren immer ein paar Schritte voraus, spannend ist hier kaum etwas, hauptsächlich erfreut man sich an der handwerklichen Qualität. Mit dem fertigen Film in den Kinos ist es kein Wunder, dass im Vorfeld dieser Aspekt immer sehr in den Vordergrund gestellt wurde, wenn er auf der inhaltlichen Ebene so wenig Neues oder auch nur sinniges bietet. So sehr man die chronologisch erste Trilogie hassen kann, sie bereitete immerhin einen politischen Nährboden, egal wie eindimensional oder plump dieser gehandhabt wurde. Es wurde verständlicher, wie das Imperium zu seiner Macht kommen und wie sich das simple Gut-gegen-Böse-Schema der Originalfilme etablieren konnte. In Episode VII sind Republik, Ordnung und Widerstand nur hohle Phrasen, die herumgeworfen werden. Das politische System wird niemals greifbar, zu sehr ist Abrams daran interessiert, wieder etwas in die Luft zu jagen. Die Simplizität funktioniert nicht, wir erfahren nie kritische Dinge wie den gesellschaftlichen Nährboden, auf den die Ordnung gefallen sein muss. Es wird völlig außer Acht gelassen, dass die galaktische Politik nach Die Rückkehr der Jedi-Ritter komplexer werden musste als das System, dem man in Eine neue Hoffnung begegnete und dem nun so blind nachgeifert wird. Episode VII ist in diesem Punkt so sagenhaft unterkomplex, dass man auf einmal dem Sündenfall in Episode III noch mehr abgewinnen kann. Auch dass von der angeblich so starken Republik unbemerkt eine Waffe von der Größe eines Planeten gebaut werden konnte, ist eins der diversen Plot Holes (der Todesstern wurde im System Imperium errichtet, der Starkiller ist einfach nur ein pubertärer Penisvergleich – schau her, meiner ist größer). Am politischsten wird der Film, wenn er die Ordnung so eindeutig als faschistisches Regime inszeniert, damit es auch der geschichtlich ungebildetste im Publikum noch als solches identifizieren kann.

Nun mag man davon absehen, dass es in einem Science-Fiction-Film nicht politisch nachvollziehbar zugeht. Doch auch dem größten Fan müsste es doch auffallen, wie unangenehm vertraut vieles erscheint. Es ist nicht ein verträumtes „Ach ja“, dafür hätten schon die grandiosen Bilder gestrandeter Sternenzerstörer gesorgt, es ist das bloße Wiederholen von Plot Points: der junge Mensch von einem Wüstenplaneten, in dem die Macht erstaunlich stark ist, der Droide mit einer Mission, die Bar voller Aliens, der Angriff einer kleinen Armada gegen eine hochtechnisierte Anlage, die sich am besten aus dem Innern zerstören lässt, der Waffentest an ganzen Planeten (auch hier wieder anstelle eines Planeten gleich ein paar – die Gesetze der Fortsetzung sind in Abrams Augen scheinbar gnadenlos). Das Erwachen der Macht ist, noch einmal, im Grunde nur eine neue Version des ersten Film von 1977, völlig die geänderten Umstände vergessend. Star Wars anno 2015 kann einfach nicht so sein wie Star Wars anno 1977, die Kunst liegt im sinnigen Update und nicht im Schwelgen in Nostalgie. Mit Kylo Ren, einem pathetischen Milchbubi mit Wutproblemen und Darth Vader-Fetisch, hat der Film aber immerhin eine passende Symbolfigur zur Hand: man kann noch so sehr versuchen, die Vergangenheit zu wiederholen, es führt nur zu Frustrationen.

So vermengen sich viele, für sich genommene kleine, Ärgerlichkeiten (zum Beispiel das teilweise katastrophale Puppenspiel – hat niemand die Kantine oder Jabbas Palast studiert?) zu einem Gesamteindruck eines weiteren eher durchschnittlichen Star Wars-Films. Dabei ist er beileibe nicht auf ganzer Linie schlecht – die neuen Figuren Rey, Finn und Pilot Poe (Oscar Isaac) sind sympathisch, das Tempo ist flott, der Humor weit von jeder Jar Jar Binks-Eskapade entfernt, die Sets und diverse visuelle Einfälle sehr schön anzusehen. Einzig, es bleibt ein Gefühl der Leere, dass sich aber mit den kommenden Episoden relativieren könnte. J.J. Abrams wird bei Episode VIII nicht Regie führen, es besteht also die Möglichkeit, dass ein zweiter Wurf wie Das Imperium schlägt zurück noch gelingen möge. Star Wars bedarf es mehr Mut, nicht einfach die altbekannten Geschichten noch einmal größer zu erzählen. Die Macht erwacht mit diesem Film beileibe nicht, es ist mehr ein unterhaltsamer, völlig konsequenzloser Zeitvertreib, der immerhin handwerklich eindeutig in die richtige Richtung zeigt. Wenn man nun noch mehr Zeit und Arbeit in das Drehbuch steckt und nicht nur darauf bedacht ist, das nächste Tie-In vorzubereiten („Das ist eine Geschichte für ein anderes Mal“ ist eine Dialogzeile, bei der Marketingfutzis feuchte Augen bekommen), der Saga wäre sehr geholfen. Die Zeit wird es zeigen müssen, wohin sich das Multimillardendollar-Franchise filmisch letztendlich bewegt. Es bleibt nur zu hoffen, dass Abrams‘ Beitrag sich nicht als wegweisend erweisen wird.



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