Dienstag, 10. November 2015

Stung (2015)




STUNG
Deutschland/USA 2015
Dt. Erstaufführung: 29.10.2015
Regie: Benni Diez

Deutsche Nischenprodukte scheinen ein Faible für marginalisierte Berufe zu haben. Im Fernsehen erfreut sich, neben der üblichen Flut an Kommissaren und Ermittlern, ein Tatortreiniger größter Beliebtheit, im Kino dürfte im deutschen Actionfilm Cascadeur – Auf der Jagd nach dem Bernsteinzimmer zum ersten Mal ein Zapfenpflücker die Hauptrolle gespielt haben. Der mit deutschem Geld im Speckgürtel Berlins auf Englisch produzierte Horrorfilm Stung macht nun zwei Caterer, jene für Partygäste eifrig im Hintergrund agierenden „guten Geister“ größerer Veranstaltungen, zu Helden. Das ist für die Diversität von Berufsbildern im Kino schön, aber auch so ziemlich der einzig originelle Einfall, dieser selbsternannten Horrorkomödie, die eindeutig auf die immer wieder hierzulande auftretenden „Wespensommer“ anspielt.

Julia (Jessica Cook) und Paul (Matt O’Leary) sind zwei Caterer, die mit Müh und Not ihre Firma über Wasser halten. Da kommt der Auftrag, auf einem entlegenen Landsitz eine Geburtstagsfeier zu betreuen, gerade recht. Dummerweise hat der spleenige Sohn der Hausherrin vor kurzem ein selbstgemixtes Pestizid ausprobiert, was eine parasitäre Wespenart zu unangenehmer Größe heranwachsen lässt. Stechen sie Menschen, reift in kürzester Zeit in ihrem Innern eine dementsprechend gigantische Wespe heran, die sich schnell ihren Weg nach draußen bahnt, um beim Nestbau der Königin zu helfen. Zusammen mit einigen wenigen Überlebenden nehmen Paul und Julia widerwillig den Kampf gegen die Rieseninsekten auf.

Was sich als nicht ganz ernstzunehmendes Creature Feature, womöglich im Stil von Tremors – Im Land der Raketenwürmer, anhört, entpuppt sich leider als Aneinanderreihung von Genreklischees, die von bestenfalls mittelmäßigen Darstellern (einzig Lance Henriksen macht mit seiner augenfälligen Null-Bock-Einstellung Spaß) ziemlich lustlos durchexerziert werden. So ist es gar nicht die vollkommen überraschungsfreie Dramaturgie, die sauer aufstößt, sondern der mangelnde Elan und die grotesk wirkende Schere zwischen Bildern und Behauptungen in der Narration. Stung ist ein Opfer des internationalen Marktes. Damit sich vor allem der US-Markt nicht mit so etwas lästigem wie Untertiteln herumschlagen muss, wurde der Film mit englischsprachigen Darstellern besetzt. Diese agieren nun in einer so typisch deutschen Landschaft, dass Elemente wie die Suggestion, man befände sich doch in den USA oder die stereotype spanischsprachige Haushaltshilfe wie Fremdkörper wirken. Stung vertraut der Idee eines Horrorfilms diesen Kalibers, der nach dem Wespenreichen Sommer 2015 natürlich für einige ironische Brechungen gut gewesen wäre, nicht so sehr, als dass er ihn auch als einheimisches Produkt kennzeichnen würde. Die Österreicher waren mit dem selbstbewussten Blutgletscher da viel weiter. So wirkt Stung nie wie ein organisches Ganzes, zu sehr sind – zumindest für den deutschen Zuschauer – die Misstöne zwischen Bild- und Inhaltseben offenbar.

Wäre Stung unterhaltsam, man könnte dies womöglich noch verzeihen. Doch auch hier macht der Film keine gute Figur, zu vorhersehbar reiht er eine Standardsituation an die Nächste. Einzig sein sehr unökonomischer Umgang mit den Figuren überrascht. Auf der Gartenparty werden diverse Charaktere eingeführt, die in vergleichbaren Filmen die gängigen Muster bedienen, nur um dann gleich beim ersten Angriff den Wespen zum Opfer zu fallen. Spanneder wird das Ganze dadurch auch nicht und dass sich der Film irgendwann dazu entschließt, den enervierenden Paul mehr in den Fokus zu stellen, ist auch kein kluger Schachzug. Paul ist ein Trottel, kein liebenswerter, wie uns das Drehbuch vorgaukeln möchte, und die Ja-oder-Nein-Beziehung, an der sich er und Julia abarbeiten, aufgesetzt. Man werfe noch „lustige“, vollkommen unnötige Sexualisierung ein und Stung versagt so auch auf der emotionalen Ebene: Schaut her, der Slacker braucht doch nur eine Ausnahmesituation, dann klappt das auch mit den Frauen.

Es ist schade darum, wie wenig der Film seiner Location vertraut, wie wenig er auf die gegebenen Umstände setzt, die sich vor ihm ausbreiten und er stattdessen den Weg des geringsten, markttechnisch optimierten Widerstandes geht. So erstickt Stung eine potenzielle Einzigartigkeit im Keim und schafft es dann auch nicht, aus dem Rest zumindest noch ein unterhaltsames Trashfest zu machen. Riesige Killerwespen haben doch irgendwie etwas mehr Spielfreude verdient, oder?




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