Dienstag, 21. Oktober 2014

Jagd auf einen Unsichtbaren (1992)




JAGD AUF EINEN UNSICHTBAREN
(Memoirs of an Invisible Man)
USA 1992
Dt. Erstaufführung: 24.09.1992
Regie: John Carpenter

Brauchte John Carpenter Geld? War er vier Jahre nach seinem Meisterwerk Sie leben so abgebrannt, dass er trotz seiner schlechten Erfahrungen mit Big Trouble in Little China wieder für ein großes Studio arbeitete? Schlimmer noch, dass er sich als Dummy für den Regiestuhl zur Verfügung stellte und all seine üblichen Erkennungsmerkmale schlicht ignoriere? Vielleicht musste es irgendwann zwangsläufig so kommen: Jagd auf einen Unsichtbaren ist der erste wirklich große Flop in Carpenters bewegter Filmographie und selbstredend ist damit nicht das Einspielergebnis gemeint. Es ist vielmehr das erste Carpenter-Werk, das sich beharrlich weigert, auch nur im Entferntesten wie eins auszusehen oder sich anzufühlen. Das wäre noch verkraftbar, wenn der Film darüber hinaus wenigstens unterhaltsam wäre, doch auch hier versagt die maue Science-Fiction-Komödie auf ganzer Linie.

Durch ein außer Kontrolle geratendes Experiment wird der liebenswerte Yuppie Nick Halloway (Chevy Chase) unsichtbar. Verfolgt von einem unheimlichen CIA-Agenten (Sam Neill) muss er nicht nur um sein Leben fürchten, sondern dieses auch mit dem neuen Fluch (oder Segen?) in Einklang bringen…

Der Film basiert auf dem Roman von Harry F. Saint, einer Parodie auf den Romanklassiker Der Unsichtbare von H.G. Wells. Und da gerade das US-amerikanische Publikum automatisch alles lustig findet, in dem Chevy Chase auftaucht, muss man wohl auch diesen Film im groben der Komödie zuordnen. Sonderlich witzig ist er zwar nicht, aber das hat Chase noch nie aufgehalten. Und John Carpenter wusste schon von vornherein, dass man ihm kaum kreativen Spielraum lassen würde, weshalb es auch an dem Titelzusatz „John Carpenter’s…“ gebricht. Man darf wohl nur davon träumen, was dabei herausgekommen wäre, wenn der Regisseur von Halloween – Die Nacht des Grauens und Das Ding aus einer anderen Welt sich dem Sujet der Unsichtbarkeit angenommen hätte. Vielleicht wäre es ein früher Hollow Man – Unsichtbare Gefahr geworden – nur im Gegensatz zu dem Kevin-Bacon-Vehikel sehenswert.

Während die Geschichte völlig ereignislos und langatmig dahinplätschert, wird Jagd auf einen Unsichtbaren allerdings nicht müde, sein einziges Alleinstellungsmerkmal zu demonstrieren: die Effekte. Wurde der Zustand eines unsichtbaren Menschen bereits in der 1933er Verfilmung mit Claude Rains teilweise spektakulär bebildert, findet man hier immer wieder neue Wege für die Zurschaustellung von hübschen Effekten á la „Der Unsichtbare kaut ein Kaugummi“ oder „Der Magen des Unsichtbaren verdaut Nahrung“. Chase ist zwar immer noch oft im Bild, damit man ja niemals vergisst, wofür er seine Gage bekommt, aber wenn der Film auf die tricktechnische Pauke haut, dann tut er das mit einem nicht zu verleugnenden Elan.

Dieser Elan für die handwerkliche Seite findet leider keinerlei Entsprechung auf der inhaltlichen Ebene. Jagd auf einen Unsichtbaren ist Mainstreamkino der vergessenswertesten Sorte, ein breiiger Wohlfühlgenremix, der nirgends aneckt, episodisch dahinplätschert und irgendwann einfach zu Ende ist. Wer das Finale nicht verschläft, wird es begrüßen, denn auch Carpenters finale Idee der Geburt eines unsichtbaren Säuglings wird dem Zuschauer vorenthalten, weil so etwas wohl die familienfreundliche Freigabe gefährdet hätte.

Inszeniert von einem John Carpenter, der wie scheintot eine gefällige Auftragsarbeit herunterreißt, einzig getragen von den Effekten und vollkommen beliebig in seiner Sommer-Blockbuster-Mentalität (auch wenn der Film in den USA im „Todesmonat“ Februar ins Kino kam) ist Jagd auf einen Unsichtbaren eins jener Beispiele für die Antithese, dass „früher“ alles besser war, sprich die Effekte im Dienste einer vergnüglichen Geschichte standen. Nein, wie heute standen sie auch manchmal Anfang der Neunziger einfach allein auf weiter Flur.



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