Montag, 1. September 2014

Monty Python - Die Ritter der Kokosnuß (1975)




MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUß
(Monty Python and the Holy Grail)
Großbritannien 1975
Dt. Erstaufführung: 13.08.1976
Regie: Terry Gilliam & Terry Jones

Da ist er wieder, der britische Humor, möchte man im Angesicht von Die Ritter der Kokosnuß ausrufen. Denn der Ansatz, den die Komikertruppe Monty Python für ihren zweiten Kinofilm findet, ist recht ähnlich zu ihrem vorangegangenen Werk, dem Kompilationsfilm Die wunderbare Welt der Schwerkraft – man bewerfe den Zuschauer einfach mit solch einer Flut an Absurditäten in der Hoffnung, dass für jeden etwas dabei ist. Zwar bemüht man sich um eine inhaltlich geschlossene Erzählung, indem man dem Ganzen einen festen Rahmen und Setting verleiht, aber ganz kann man den Sketchcharakter nicht abstreifen. Das ist cineastisch mitunter etwas holprig, wird aber mit so viel Elan und ehrlicher Spielfreude gelöst, dass man auch hier darüber gern hinwegsieht. Die Ritter der Kokosnuß ist, um es einmal so auszudrücken, einfach zu saukomisch, als dass man ihn wegen mangelnder erzählerischer Kohärenz verglichen mit anderen Filmen kritisieren kann. It’s all very british, indeed. But so what?

England im Jahre 932: König Artus (Graham Chapman) ist auf der Suche nach tapferen Rittern, die mit ihm auf die Suche nach dem Heiligen Gral gehen, um England zu vereinen. Er findet ein paar tapfere Spießgesellen in Form von Sir Lancelot (John Cleese), Sir Robin (Eric Idle), Sir Bedevere (Terry Jones) und Sir Galahad (Michael Palin). Gemeinsam (und nach einem Aufteilen der Gruppe auch jeder für sich) erleben sie allerlei abstruse Abenteuer auf ihrer Mission.

Die Ritter der Kokosnuß mag narrativ eher dem Aneinanderreihen von Sketchen entsprechen als einem gänzlich geschlossenem Film, doch diese Struktur ermöglicht es auch, allerlei satirische Seitenhiebe wie zufällig in die Episoden einzubauen. So begegnet Artus Bauern, die bei sinnlosen Beschäftigungen revolutionäre Reden schwingen, Sir Bedevere findet "logische" Erklärungen für Absurditäten und das englisch-französische Verhältnis wird zum vulgären Rundumschlag. Erneut gilt, dass nicht alles mit Gold aufzuwiegen ist, die Trefferquote aber doch beachlich daherkommt. Denn über mangelnde Kreativität kann man sich wahrlich nicht beschweren, schon gar nicht darüber, dass Budget-bedingte Einschränkungen süffisant übertüncht werden. So ist der Running-Gag des Films, dass die Ritter nicht auf Pferden reiten sondern ihre Knappen zwei Kokosnusshälften zusammenschlagen, um Hufgeklapper zu simulieren, dem Umstand geschuldet, dass nicht genug Geld für Pferde und Reitstunden für alle Pythons vorhanden war.

Dabei ist es durchaus bemerkenswert, was der Film mit seinem geringen Budget auf die Beine stellt. Die Kulissen sind liebevoll ausgestattet, ebenso die Kostüme und der Soundtrack steht im wunderschönen Kontrast zu den Bildern, die oftmals gar keine heroischen Heldentaten zeigen, wie es die Musik suggeriert.
Das Element, dass Die Ritter der Kokosnuß immer wieder um eine Metaebene bereichert und ganz nebenbei auch noch für einige der besten Gags verantwortlich ist, ist aber das Spiel mit der filmischen und erzählerischen Realität. Zunächst schleichend ("It's only a model", bemerkt Kanppe Patsy, wenn die Ritter Camelot bewundern), dann immer offensichtlicher bis zur vollständigen Verschmelzung zweier Ebenen betreibt der Film sein Spiel mit der suggestiven Künstlichkeit des Medium Films. So wird ein in BBC-Manier dozierender Historiker in der Gegenwart von einer der Figuren aus der (im Sinne der Geschichte) Vergangenheit ermordet, was zu einer Ermittlung führt, die schließlich in der Verhaftung der verbleibenden Ritter und einem grandiosen Anti-Klimax gipfelt. Die Ebene der filmischen Erzählung und die der Gegenwart der Zuschauer des Jahres 1975 interagieren auf eine Weise miteinander, die die Künstlichkeit des Mediums augenzwinkernd entblößt und dem Publikum sehr deutlich vor Augen führt, dass es sich willentlich einer Illusion hingibt. Nur in dieser Funktion ist es fernerhin möglich, dass der plötzliche Tod eines Animators die Ritter rettet, da sie zuvor von einem Zeichentrickmonster verfolgt wurden.

So gewinnt unter diesem Gesichtspunkt auch die episodenhafte Struktur wieder an Bedeutung, parodieren die Begebenheiten doch auch die gängigen Erzählmuster des Fantasygenres, welches sich ja mit Vorliebe in einem mittelalterlichen Setting ansiedelt. So hat Die Ritter der Kokosnuß durch internationale Megaerfolge die die Herr der Ringe-Trilogie sogar noch an Bedeutung hinzugewonnen, treibt er die hinlänglich bekannten Elemente wie Heldenprüfungen, Bewährungen und Begegnungen mit phantastischen Gegnern doch zu wunderbar-absurden Blüten. Das Killerkaninchen ist ein näherer Verwandte der Riesenspinne, die Frodo einwickelt, als man auf den ersten Blick meinen mag, das Schloss williger Frauen hat ungeahnte Parallelen zu Gollum.

Die Ritter der Kokosnuß ist Nonsens auf einem Niveau, von dem beispielsweise die deutsche Fernsehunterhaltung mit ihren sogenannten Comedysendungen nur träumen kann. Anarchisch und respektlos, absurd und stolz darauf, liebevoll inszeniert in seinem Wahnsinn und dabei bemerkenswert oft einfach grandios-witzig, ist der Film nicht nur exzellent gealtert, er schafft es darüber hinaus, sogar die veränderte Medienlandschaft des 21. Jahrhunderts zu kommentieren. Die Ritter der Kokosnuß versteckt hinter seinen manchmal vielleicht etwas unbedarften Absurditäten einen wachen Geist, der so hervorragend um die Mechanismen seines Mediums weiß, dass er imstande ist, sie geradezu kongenial zu brechen. Der Film ist wie das trojanische Kaninchen: plakativ von außen, aber mit ungeahnter Durchschlagskraft.


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