Montag, 14. April 2014

Muppets - Die Schatzinsel (1996)




MUPPETS – DIE SCHATZINSEL
(Muppet Treasure Island)
USA 1996
Dt. Erstaufführung: 11.07.1996
Regie: Brian Henson

Nachdem Die Muppets Weihnachtsgeschichte, der erste Film mit den quirligen Puppen nach dem Tod von Erfinder Jim Henson, ein einziges Werk der Liebe geworden war und auch noch den Geist der Romanvorlage von Charles Dickens intakt halten konnte, gelang dies bemerkenswerterweise auch mit der nächsten Adaption. Diesmal wurde Robert Louis Stevensons Abenteuerroman Die Schatzinsel mit Kermit & Co. neu aufgelegt und wie bei der Weihnachtsgeschichte sparte man sich die exzessiven Cameoauftritte bekannter menschlicher Stars, sondern gruppierte die Muppets um einen einzigen Prominenten. Schaffte es Michael Caine im Vorgänger, auch im Angesicht von sprechenden Fröschen die Integrität seiner Figur Scrooge nicht dem Spektakel zu opfern, fügt sich hier Tim Curry als Long John Silver äußerst harmonisch ins Gesamtbild ein. Der Mann, der selbst wie ein Muppet daherkommt, reißt jede Szene an sich und überstrahlt oft sogar seine kuscheligen Co-Stars. Allein das ist schon eine ungeheure Leistung.

Muppets – Die Schatzinsel bleibt dem Roman recht treu: Jim Hawkins (Kevin Bishop) ist ein Waisenjunge, der zusammen mit seinen Freunden Gonzo und Rizzo in der Gaststätte von Mrs. Bluberidge (Jennifer Saunders) arbeitet. Sein Leben ändert sich, als er vom versoffenen Billy Bones (Billy Connolly) eine Schatzkarte erhält, die angeblich den Weg zum versteckten Reichtum des legendären Käpt‘n Flints weist. Nachdem die Echtheit der Karte vom schusseligen Schiffsbauersohn Trewlaney (Fozzie Bär) bestätigt wurde, finanziert dieser eine Reise hinaus aufs Meer, den Schatz zu heben. An Bord des unter dem Befehl von Käpt’n Smollett (Kermit der Frosch) und seiner rechten Hand Mr. Arrows (Sam der Adler) stehenden Schiffs befindet sich nicht nur eine wenig vertrauenserweckende Crew, sondern auch der einbeinige Schiffskoch Long John Silver (Tim Curry), mit dem Hawkins sofort eine intensive Vater/Sohn-Beziehung verbindet. Doch ist es möglich, dass Silver der Einbeinige ist, vor dem Billy Bones den jungen Hawkins auf dem Sterbebett gewarnt hat?

Brian Henson, Sohn von Jim Henson und Regisseur sowohl dieses als auch des vorangegangenen Muppet-Films, hat unbestreitbar nicht nur ein Händchen für die Kreationen seines Vaters, sondern auch für die Geschichten, in die er sie versetzt. Muppets – Die Schatzinsel ist eine Literaturverfilmung eines Stoffes, der zwar auch für Kinder interessant ist, der aber auch seinen Anteil an düsteren Szenarien und Gewaltdarstellungen hat und Henson zeigt keinerlei Furcht, dies auch zum Teil der Muppet-Version zu machen. So ist Billy Connolly nicht nur der bis heute einzige Mensch, der in einem Muppet-Film stirbt, es wird auch Gebrauch von Schusswaffen gemacht, Piraten im Auftakt gemeuchelt und ihre skelettierten Leichen später als Landmarken missbraucht. A pirate’s life for puppets. Dies hört sich womöglich schlimmer an, als es eigentlich ist, denn im Kern ist Muppets – Die Schatzinsel natürlich ein sehr fröhliches Unterfangen, aber es sollte bemerkt werden, dass die Geschichte nicht um jede Ecke und Kante erleichtert wurde.

Zwei altgediente Figuren des Ensembles trifft es in diesem Film allerdings besonders hart. Wurde Miss Piggy bereits in der Weihnachtsgeschichte verhältnismäßig marginalisiert, wird sie hier mit der geschlechtsverdrehten Rolle des Benjamin Gunn (hier Benjamina Gunn) betraut, die erst im letzten Drittel auftaucht. Fans des Charakters wird dies vielleicht stören, für alle, denen Piggy oftmals ohnehin zu enervierend war, ist dies eine klare Wohltat. Weitaus schlimmer hat es Fozzie erwischt, der hier in eine seltsame Interpretation als Vollidiot gedrängt wird. Fozzie Bär war nie eine Intelligenzbestie, wohl wahr, aber er war eher hoffnungslos naiv als aktiv dumm. Hier lässt man ihn mit einem Mr. Bimbo genannten Männchen, das in seinem Finger haust, sprechen und nimmt dem Charakter dadurch viel von seinem Charme. Dass die um Dr. Goldzahn formierte Electric Mayhem Band und Rowlf der Hund keine großen Rollen mehr bekleiden ist auch hier dem alles überschattenden Fehlens von Jim Henson geschuldet, war er doch maßgeblich für beide Parts verantwortlich.

Muppets – Die Schatzinsel ist insgesamt ein weiterer Beweis für den unendlich erscheinenden Charme der titelgebenden Puppen. Das Produktionsdesign ist hervorragend, kreiert es doch eine ganz offensichtlich künstliche Welt für Puppen UND Menschen und bleibt dennoch vollkommen glaubhaft. Die Musik ist gewohnt gut, der Score von Hans Zimmer nimmt die Piraten-Prämisse besonders ernst und die Songs sind auch hörenswert, selbst so völlig sinnlose Füllnummern wie „Cabin Fever“. Und auch wenn es einige anachronistische Referenzen gibt, die auf Disneyland oder die NBA anspielen, muss man konstatieren, dass die deutsche Synchronisation es schafft, diese im Kontext womöglich etwas irritierende Einspieler abzuschwächen, indem sie sich beispielsweise weigert, einen Gag mit den Worten „Shopping Channel“ sinngemäß zu übersetzen.
Über all diesem thront dann schließlich der bereits erwähnte Tim Curry, der eine helle Freude an der Rolle hat und alles und jeden an die Wand spielt. Vor allem der sehr blasse Kevin Bishop als Jim Hawkins kann da nicht viel ausrichten, auch wenn das Herzstück der Geschichte, die Beziehung zwischen Schiffskoch und Schiffsjungen, dennoch auf abgespeckte Art funktioniert.

So mag Muppets – Die Schatzinsel nicht der beste Film der Reihe sein und auch nicht an die überbordende Herzlichkeit der Weihnachtsgeschichte heranreichen, aber als kurzweiliger, witziger und technisch perfekt umgesetzter Abenteuerfilm, der zudem die literarische Vorlage nicht verrät, ist er ein weiterer Gewinn für jedermanns liebste Puppentruppe.



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