Dienstag, 11. März 2014

Alles eine Frage der Zeit (2013)




ALLES EINE FRAGE DER ZEIT
(About Time)
Großbritannien 2013
Dt. Erstaufführung: 17.10.2013
Regie: Richard Curtis

Die Welt von Richard Curtis ist nichts für Zyniker, nichts für distanzierte Hipster, nichts für all jene, denen zwischenmenschliche Gefühle per se ein Graus zu sein scheinen. Speziell das Internet ist voll von ihnen. In solchen Kreise kann ein Film wie Alles eine Frage der Zeit kaum auf fruchtbaren Boden fallen, zumal es zugegebenermaßen einfach ist, Ansatzpunkte für Kritik zu finden. Der Film spielt nicht nach seinen eigenen Regeln, wenn sie den Gefühlen im Wege stehen, mit der bemerkenswerten Kohärenz beispielsweise der Zurück in die Zukunft-Filme hat dieser, trotz Zeitreise-Element, nichts zu tun. Und dennoch ist es so unendlich schwer, dem Film deshalb böse zu sein. Ich benutze das Wort „entwaffnend“ ab und an, aber selten passte es so perfekt auf einen Film wie auf Alles eine Frage der Zeit. Es ist eine kuschelige Welt, jene vom Regisseur von Notting Hill und Tatsächlich…Liebe, und Curtis ist so charmant darin, den Zuschauer einzuladen, sich in ihr zu verlieren, dass Zynismus eher wie ein bedauerlicher Reflex wirkt. Alles eine Frage der Zeit ist ein hemmungslos romantischer Film, nicht ganz auf dem Level der besten Genrevertreter wie Before Sunrise, aber sehr viel besser als das Gro der US-amerikanischen romantic comedys.

An seinem 21. Geburtstag wird Tim (Domhnall Gleeson) von seinem Vater (Bill Nighy) aufgeklärt: alle männlichen Familienmitglieder haben die Gabe, durch die Zeit zu reisen, allerdings nur in die eigene Vergangenheit, nicht etwa in die Vorzeit oder gar in die Zukunft. Dies gibt ihm die Möglichkeit, beispielsweise peinliche Szenen seines Lebens im Nachhinein zu korrigieren. Als er nach London zieht lernt er irgendwann die quirlige Mary (Rachel McAdams) kennen – es ist die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Seine Fähigkeit hilft ihm, Mary auch dann noch von sich zu überzeugen, als er, in Loyalitätskonflikte gebracht, ihr erstes Treffen unbeabsichtigt ungeschehen macht. Liebe kann man auch durch Zeitreisen nicht erzwingen, aber Mary und Tim sind wahrlich füreinander geschaffen. Nur stellt sich heraus, dass man mit der Gabe nicht jedes Problem lösen kann und das, was man Leben nennt, auch vor Zeitreisenden nicht halt macht.

Alles eine Frage der Zeit steuert nicht auf ein großes Drama zu, auf keinen unüberwindbar erscheinenden Konflikt. Es ist vielmehr ein ganz normales Leben, in dem sich die Probleme auch nicht durch die Fantasy-Komponente lösen lassen. Das alles läuft auf eine simple Carpe diem-Moral hinaus, ungefähr so gehaltvoll wie die unsäglichen Sinnsprüche für die Wohnzimmerwand, wie man sie in Baumärkten bekommt. Und auch hier gilt der überbordende Charme, der der Produktion innewohnt und alles für sich einnimmt. Manche mögen es in Watte packen nennen, aber der Film funktioniert unbestreitbar.

Dies ist in erster Linie den Darstellern zu verdanken. Jeder Film profitiert ohnehin von Bill Nighy und hier präsentiert er sich in üblicher Bestlaune. Domhnall Gleesons Tim ist eine erstaunlich realistisch gezeichnete Figur, die dem Zuschauer erst ans Herz wachsen muss, dafür dann umso sympathischer daherkommt, und Rachel McAdams ist schlicht bezaubernd. Ihre Mary wirkt wie eine Zooey Deschanel-Figur ohne die enervierenden Übertreibungen. Kurioserweise war Deschanel für die Rolle im Gespräch und man kann sich nicht des Gefühls erwehren, mit McAdams eine sehr viel bessere Wahl getroffen zu haben. Lydia Wilson hinterlässt als exzentrische Schwester Kit Kat Eindruck, während Margot Robbie, jüngst in The Wolf of Wall Street einem größeren Publikum vorgestellt, aufpassen muss, nicht auf ewig als generische Schönheit besetzt zu werden.
Im Zentrum aber steht, wie könnte es anders sein, die Beziehung zwischen Mary und Tim und die Chemie zwischen Gleeson und McAdams stimmt. Vom ersten Moment an glaubt man diese Liebe, bangt mit ihnen, auch wenn Curtis darauf achtet, nicht zu sehr ins Drama zu verfallen, hofft mit ihnen, lebt mit ihnen. Natürlich ist das alles ein Wunschbild, gestritten wird hier kaum und selbst die verregnete Hochzeit, die als Impression auch das Filmplakat stellt, wird als wunderschönes Ereignis stilisiert. Doch es wäre seltsam, gerade Liebesfilmen nicht den gleichen Eskapismus zuzugestehen, wie man es beispielsweise mit Science-Fiction-Filmen á la Krieg der Sterne automatisch tut. Und darum kann man anerkennen, dass Curtis es schafft, den Zuschauer für zwei Stunden Teil dieser Welt werden zu lassen. So sehr, dass man sich nur widerwillig aus ihr entfernt, zumal neben der Tim/Mary-Liebesgeschichte auch die Vater/Sohn-Liebe involvierend erzählt wird.

So ist der romantische Aspekt des Films sein Hauptaugenmerk und seine größte Stärke, der Zeitreise-Aspekt ist nur schmückendes Beiwerk, ein Plot Device für Gags und Emotionen. Alles eine Frage der Zeit ist unschuldige, aber dabei den Zuschauer nicht unterfordernde, Unterhaltung. Curtis gibt uns Figuren zum mitfühlen und Bilder zum schwelgen, einen Film wie eine Umarmung. Und lässt sich nicht auch der größte Zyniker dann und wann einfach nur gern in den Arm nehmen?


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