Sonntag, 15. Dezember 2013

Während du schliefst (1995)




WÄHREND DU SCHLIEFST
(While You Were Sleeping)
USA 1995
Dt. Erstaufführung: 27.07.1995
Regie: Jon Turteltaub

Ein Film wie Während du schliefst kann bei aller Malen-nach-Zahlen-Dramaturgie dennoch ein befriedigendes Erlebnis bieten, wenn er den Schauspielern genug Material gibt, um damit zu arbeiten und vor allem wenn er es schafft, der Wiederkehr des Immer-Gleichen dennoch einen gewissen Charme abzutrotzen. Jon Turteltaub (Cool Runnings – Dabei sein ist alles) und seine Drehbuchautoren Daniel G. Sullivan und Fredric LeBow schaffen genau das und es ist verwunderlich, dass Sullivan und LeBow weder zuvor noch danach wieder ein Drehbuch verfassten, als wären sie gute Geister, die Während du schliefst zum Erfolg verhelfen sollten.

Lucy (Sandra Bullock) ist eine hoffnungslose Romantikerin. Sie arbeitet als Ticketverkäuferin bei den Verkehrsbetrieben von Chicago und träumt jeden Tag aufs Neue davon, Peter (Peter Gallagher) anzusprechen, den Mann, der bei ihr jeden Tag ein Ticket kauft und wie die Verkörperung all ihrer Träume daherkommt. Als Peter eines Tages auf dem Bahnsteig überfallen und ins Gleisbett fällt, wo er ohnmächtig liegen bleibt, rettet Lucy ihm das Leben, bevor er von einem herannahenden Zug erfasst werden kann. Im Krankenhaus lernt sie Peters quirlige Familie kennen und wird durch ein Missverständnis für Peters Verlobte gehalten. Eh sich Lucy versieht ist sie Teil des Clans – eine willkommene Abwechslung zu ihrem Single-Dasein, vor allem an Weihnachten. Sie bringt es nicht übers Herz, die Situation aufzuklären, was mit fortschreitender Zeit auch immer schwieriger wird. Und dass sie sich langsam in Peters skeptischen Bruder Jack (Bill Pullman) verliebt, macht die Sache auch nicht leichter…

Während Sandra Bullock meistens mühelos zwischen komödiantischen und dramatischen Stoffen hin und her pendeln kann, ist Bill Pullman in letzteren weniger effektiv – und versucht es zu seinen Missgünsten dennoch ständig. Doch in Während du schliefst bilden sie ein glaubwürdiges Leinwandpaar, die die verwandten Seelen treffend verkörpern und sich die Bälle auf emotionaler und komödiantischer Ebene zuwerfen. Das Drehbuch nimmt sie als Charaktere ernst und die beiden Darsteller finden sich so in einer dankbaren Situation wieder. Sie müssen nicht gegen das Script arbeiten und bekommen vor allem auch keine peinlichen Vorgaben. Sandra Bullock sollte 14 Jahre später auf höchst furchtbare Weise erfahren, was es bedeutet, wenn sich diese beiden Vorgaben unheilvoll verquicken – Verrückt nach Steve ist sicherlich einer der absoluten Tiefpunkte ihrer Karriere.

Auch die anderen Darsteller sind ganz bei der Sache. Vor allem der immer verlässliche Jack Warden (Die zwölf Geschworenen, Der Himmel kann warten, Die Unbestechlichen) gibt eine liebenswerte Performance ab. Und dies ist wahrscheinlich das treffendste Adjektiv, um Während du schliefst zu beschreiben – liebenswert. Der Film ist weder von Zynikern noch für Zyniker und sein unbedingter Glaube an seine formelhafte Geschichte hat etwas Entwaffnendes. Man mag viele Kniffe bereits vorher erahnen, man mag das Ende bereits Meilen vor dem Ziel klar vor sich sehen, aber der Unterschied zu den massenhaften durchschnittlich bis unerträglichen Vertreter der romantic comedys ist, dass hier beide Elemente durch den Einsatz aller Beteiligten funktionieren. Der Film ist romantisch (und lässt Lucy auch nicht wie eine Stalkerin mit psychischen Problemen erscheinen, sondern als genuin einsame Seele) und witzig (viel davon durch das Zusammenspiel von Lucy und ihrer neuen Chaos-Familie) und erfüllt damit sozusagen die Mindestanforderungen. Diverse Vertreter des Genres sind schwach entweder in einem oder in beiden Abteilungen, Während du schliefst schlägt überall die richtigen Töne an.

Ist der Film vollkommen inkonsequente, leicht zu verdauende Unterhaltung? Zweifellos. Doch er geht mit so viel Elan an die Sache heran, dass es schwierig ist, ihn dafür zu kritisieren. Während du schliefst hält kaum dramaturgische oder gestalterische Überraschungen parat, aber als das, was er ist – ein warmherziger, unterhaltsamer Zeitvertreib – ist er eine Empfehlung wert. Man kann sich die Zeit deutlich schlechter vertreiben als in der Gegenwart eines gut aufgelegten Casts, dass ein bei aller Bekanntheit dennoch von guter Laune vibrierendes Drehbuch durchspielt.



http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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