Mittwoch, 18. Dezember 2013

Meine schöne Bescherung (2007)




MEINE SCHÖNE BESCHERUNG
Deutschland 2007
Dt. Erstaufführung: 22.11.2007
Regie: Vanessa Jopp

Da das amerikanische Kino Weltmarktführer ist, dürfte es auch niemanden verwundern, dass dies auch für Weihnachtsfilme gilt. Umso erfreulicher ist es, etwas wie Meine schöne Bescherung als Gegenpart zu haben, auch wenn der Film auf keiner originalen Ideen beruht sondern das Remake des schwedischen Films Tomten är far till alla barnen ist, der in Deutschland augenscheinlich nicht veröffentlicht, international aber als In Bed with Santa vermarktet wurde. Wie auch immer, Meine schöne Bescherung erdet den aus Werken wie Hilfe, es weihnachtet sehr bekannten Familienwahnsinn, übertreibt ihn zwar auch, verzichtet aber auf albernen Slapstick. Die Prämisse ist zwar schräg, wird aber so ernsthaft durchexerziert, dass man ihr guten Gewissens Glauben schenken kann.

Sara (Martina Gedeck) und Jan (Heino Ferch) sind das, was man getrost als Patchworkfamilie bezeichnen kann. Sie hat drei Kinder aus drei Ehen, er einen Sohn aus vorheriger Ehe in die Beziehung gebracht und auch wenn sich bei Jans Sohn erster Anzeichen der Pubertät Bahn brechen, hat sich die Familie gut arrangiert. Da passt es Jan auch nicht in den Plan, dass Sara Weihnachten nicht besinnlich mit ihm und den Kindern verbringen möchte, sondern Gäste eingeladen hat. Damit nicht genug, denn bei denen handelt es sich um Saras Ex-Männer nebst neuen Frauen und Jans Ex-Frau mit neuem Partner. Und als wäre damit das Haus nicht schon voll genug, wird auch noch eine zynische Nachbarin (Alexandra Neldel) mitgeschleppt. Als Sara schlussendlich verkündet, sie sei von Jan schwanger, er sich aber hat heimlich sterilisieren lassen, kommt zum gepflegt ausgetragenen interfamiliären Zwist auch noch Jans Suche nach dem Vater des Kindes – denn dafür kann ja nur einer von Saras Ex-Männern in Frage kommen…

Meine schöne Bescherung ist ein Film mit breitem Publikumspotenzial. Wer die klassischen Weihnachtskatastrophen wie ungeeignetem Weihnachtsmann, umstürzenden Baum und ähnlichem sucht, der wird hier ebenso fündig wie Freunde des leiseren Humors. Geschliffene Dialoge wechseln sich mit clownesken Einlagen ab, alles zusammen ergibt ein bemerkenswert stimmiges Gesamtbild. Hauptverantwortlich daran sind natürlich die Schauspieler, die allesamt mit Eifer bei der Sache sind. Matthias Matschke, Meret Becker, Feo Aladag, Bjarne Mädel, Andreas Windhuis – Meine schöne Bescherung ist ein Ensemblefilm, der allen Beteiligten möglichst gleich viel Raum lässt. Auch muss man keine Sorge haben, bei der Fülle der Figuren den Überblick zu verlieren, die Charaktere unterscheiden sich so grundlegend voneinander, dass es hier keine Probleme gibt. Über allem thronen aber der selbstironische Heino Ferch, dem man dank solcher Darbietungen auch die verkrampften TV-Filme verzeiht, in denen er gern auftritt, und die wunderbare Martina Gedeck. Man sollte diesen Film vielleicht einmal in einem Double Feature mit Die Wand ansehen – es ist erstaunlich und zeugt von großem Talent, dass die Protagonistin dort und die naiv-herzliche Sara hier von ein und derselben Person verkörpert werden.

So portraitiert Gedeck Sara als nicht unfehlbares, aber wohlmeinendes Herzstück nicht nur des Films, sondern auch der erweiterten Familie in Meine schöne Bescherung. Auch ist es dem Film hoch anzurechnen, dass er die Kinder in der Geschichte nicht in die Querelen der Erwachsenen mit hineinzieht. Wenn Saras kleine Tochter vor dem Zubettgehen in der Küche sitzt und die Frage „War es schön heute?“ strahlend bejaht, dann lässt Regisseurin Vanessa Jopp (Vergiss Amerika) auch genug Raum für Herzlichkeiten. Meine schöne Bescherung ist kein Anti-Weihnachtsfilm, vielmehr eine süffisante Beobachtung des Drucks, den das Fest erzeugen kann. Es ist wohl naiv zu glauben, dass alle Menschen zumindest am Heiligen Abend ihre Charaktere verleugnen und ihren Mitmenschen wohlwollend gegenüberstehen, aber Sara glaubt so fest an die emotionale Kraft des Festes, dass sich ihr Optimismus auf den Zuschauer überträgt. Bei allen kleinen und großen Katastrophen, die aufgefahren werden, verliert sich der Film nie in Häme oder ergibt sich dem Zynismus, den die Figur Isabell vor sich her trägt. Bei aller Farce ist Meine schöne Bescherung auch ein Stück weit ein wohlwollendes Lächeln in Richtung aller Weihnachtsgeplagten, die diese Zeit aber dennoch um nichts in der Welt missen möchten. Und stelle man sich noch so oft am 24.12. gegen 12 Uhr in die Schlange einer Supermarktkasse.

Meine schöne Bescherung ist eine gelungene Screwball-Komödie mit einem unverschämt gut aufgelegten Cast, das auch kleiner Schwächen (so schlimm war die Bescherung doch auch nicht, warum muss ich der Miet-Weihnachtsmann gleich besaufen?) ausbügelt. Geerdet, nie hysterisch, aber dennoch witzig, einfallsreich und dabei auch noch durchaus liebenswürdig sollte diese Komödie viel mehr als andere Genrevertreter das Mittel zur Wahl sein, wenn es darum geht, auch mal etwas humoristischen Abstand zwischen sich und den Tannenbaum im Wohnzimmer zu bringen.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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