Freitag, 6. Dezember 2013

Gremlins - Kleine Monster (1984)




GREMLINS – KLEINE MONSTER
(Gremlins)
USA 1984
Dt. Erstaufführung: 26.10.1984
Regie: Joe Dante

Das Konzept der suspension of disbelief (deutsch in etwa „willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit“) existiert in ausformulierter Form seit 1817. In der heutigen Zeit sind Filme das mediale Hauptziel, auf das die Theorie angewendet wird. Im Kern sagt sie aus, dass man sich als Zuschauer bei vielen Filmen willentlich mit der gezeigten Welt arrangieren muss, um Spaß mit der Handlung zu haben. Raumschiffe, die schneller als das Licht fliegen sind momentan noch weitentfernte Zukunftsmusik, in der Science-Fiction sollte man sie aber als gegeben hinnehmen, um sich auf die eigentliche Geschichte konzentrieren zu können. Oder man muss dem typischen Actionhelden ein  gewisses Maß an übermenschlichen Fähigkeiten zugestehen – ansonsten wäre der Film schnell vorbei. Gremlins, eine gelungene Mischung aus Horror und Komödie, treibt das Konzept an seine Grenzen. Die Regeln, nach denen die Welt hier funktioniert, sind so idiotisch, der Film aber so unterhaltsam, dass man für 105 Minuten mit ihnen leben kann.

Billy Peltzer (Zach Galligan) lebt mit seiner Familie in der ultimativen amerikanischen Kleinstadt Kingston Falls. Mutter Lynn (Frances Lee McCain) ist Hausfrau, der Vater Randall (Hoyt Axton) ein erfolgloser Erfinder für allerlei Sinnlosigkeiten. Von einer Geschäftsreise bringt letzterer seinem Sohn ein exotisches Tier mit, Gizmo den Mogwai. Das kleine Pelztier ist äußerst intelligent und freundlich, in der Haltung aber anspruchsvoll: helles Licht tötet ihn, er verträgt kein Wasser und nach Mitternacht darf er nicht gefüttert werden. Durch einen Unfall wird Gizmo aber doch nass und so springen fünf Fellkugeln aus seinem Rücken, die sich sofort zu ausgewachsenen Mogwais entwickeln. Doch die Nachkommen haben nicht Gizmos Gemüt geerbt und als Billy sie dann auch noch versehentlich nach Mitternacht füttert, verpuppen sie sich und werden zu garstigen kleinen Monstern, die an Weihnachten beginnen, Kingston Falls in Schutt und Asche zu legen…

Die Lichtregel wird den Situationen angepasst gebraucht, bei der Wasserregel fragt man sich, ob Mogwais und Gremlins nicht trinken müssen und ob ihr Körpergeruch nicht irgendwann unerträglich wird („Bade ihn nie!“, sagt Randall zu Billy und man schaut als Zuschauer skeptisch auf das Fell von Gizmo) und über die „Nach-Mitternacht“-Regel sollte man nicht zu sehr nachdenken. 1 Uhr nachts ist nicht in Ordnung, aber 8 Uhr zum Frühstück schon, obwohl es technisch gesehen auch nach Mitternacht ist…? Gremlins ist völlig sinnlos, beginnt man ihn zu hinterfragen bricht er augenblicklich zusammen. Aber dazu ist er auch nicht da. Denn hat man sich mit den kruden Regeln abgefunden, ist es ein diebisch unterhaltsamer Film, der die amerikanische Kleinstadt gleichzeitig glorifiziert und demontiert. Das mühsam draußen gehaltene Chaos bricht in Form der Gremlins in der friedlichsten Nacht des Jahres über Kingston Falls herein, dessen größtes Problem zuvor die herrische Mrs. Deagle (Polly Holliday) war. Und da die Gremlins keine Konkurrenz mögen, ist sie eine der Ersten, die ihren zerstörerischen Streichen zum Opfer fällt.
Gremlins schafft eine ganz eigene Atmosphäre. Die Stadt wirkt gleichermaßen wie ein echter Ort und wie ein idealisiertes Studio-Kunstprodukt, in dessen pittoreskem Charme man sich gern verliert. Und Billy bewohnt ein Zimmer, das der Traum eines jeden nerdigen Teenagerjungen ist. Hinzu kommt ein verschrobener Feiertagssinn. Die Gremlins zerstören zwar Weihnachtsbäume und verbreiten Schrecken am Heiligen Abend, aber sie erfreuen sich ebenso an einer weihnachtlichen Sondervorstellung von Disneys Schneewittchen und die sieben Zwerge. Und tief im Innern ist Gremlins auch ein Kommentar zur Kommerzialisierung des Festes: Nicht jedes Geschenk, und mag es zunächst noch so toll erscheinen, ist ein Segen.

Fast 30 Jahre nach seinem Entstehen hat Gremlins auch einen nicht unerheblichen Nostalgie-Faktor auf seiner Seite. Die Sets sind mit Liebe gebaut und müssen sich ihrer Künstlichkeit nicht schämen und die Kreaturen entstammen noch einer Zeit, in der man ohne die Hilfe von Computern auskommen musste. Gizmos animatronisches Gesicht ist unglaublich ausdrucksstark und die Gremlins werden durch eine funktionale Mischung aus den unterschiedlichsten Techniken zum Leben erweckt. Meistens erinnern sie an eine subversive Version der Muppets, vor allem wenn sie das Kino auseinandernehmen, und ihr Einstand ist ein Triumph der Tricktechnik – und darüber hinaus auch durchaus spannend geraten.

Gremlins – Kleine Monster ist ein erstaunlich gut in die Vorweihnachtszeit passender Film mit ebenso viel Herz wie brachialem Witz, der die Horrorelemente nie überhand nehmen lässt. Verbunden mit den augenzwinkernder Darstellerleistungen und den spaßigen Effekten ist dies ein gut gealterter, immer wieder unterhaltsamer Film. Man sollte nur nie den Fehler machen und ihn auf seine Sinnhaftigkeit hin abklopfen.


http://filmblogosphaere.wordpress.com/

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